Definition des Begriffes Virtual Reality

Der Begriff Virtual Reality wurde von Jaron Lanier 1989 geprägt. Er versuchte, unterschiedliche Strömungen bisher getrennter Forschungsgebiete unter einem vermarktungsfähigen Begriff zusammenzufassen und sagt weiter: "Das Geheimnis der Virtuellen Realität besteht darin, dass das Gehirn Illusionen aufnehmen möchte." (Sherman und Judkins, 1993)

Der Duden definiert in seinem Fremdwörterbuch (Duden 1997) virtuelle Realität als: "vom Computer simulierte Wirklichkeit, künstliche Welt, in die man sich mithilfe der entsprechenden technischen Ausrüstung scheinbar hineinversetzten kann."

Hans-Jörg Bullinger (1994) definiert Virtuelle Realität folgenderweise: "Mit dem Begriff virtuelle Realität wird meist die rechnergestützte Generierung eines möglichst perfekten sensorischen Abbildes der realen Umwelt assoziiert."

... ein schicklichstes Symbolum vom Menschen im All (denn er ist der Einheitskreis, in dem sich alles spiegelt und dreht und verkürzt! ...) In einer Einheitskugel könnte man ja einen dreidimensionalen Raum projektiv wiedergeben. (Arno Schmidt)

Die Schaffung einer vom Computer generierten und vom Menschen aufgenommenen Realität steht hinter Virtual Reality. Dabei soll beim Benutzer das Gefühl entstehen, dass diese virtuelle Realität mehr oder weniger der tatsächlichen entspricht, seine Sinne also so arbeiten, wie in seiner natürlichen Umwelt. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die Sinne des Menschen getäuscht werden. Dazu bedient man sich technischer Hilfsmittel, die sich auf die folgenden Sinne beschränken: Sehsinn, Hörsinn und Tastsinn.

Mit der Virtual Reality Technologie versucht man, eine virtuelle, logisch im Computer vorliegende Umgebung über Geräte auszugeben. Diese sollen die menschlichen Sinne stimulieren, um dem Benutzer das Gefühl zu geben, in die virtuelle Umgebung integriert zu sein. Mit Eingabegeräten kann der Benutzer in die virtuelle Realität eingreifen. Dabei darf vom Benutzer nicht verlangt werden, stark von seinem Verhalten in der realen Welt abzuweichen.

Die Begriffe für diese Technologie variieren stark, ebenso wie die Definitionen von Virtual Reality, um die teilweise erhitzte Debatten geführt werden. Dabei ist eine konkrete Definition gar nicht von besonderer Bedeutung, da die Technologien unabhängig von der Begrifflichkeit dieselben sind und es bei dieser Technologie schon eine klare Vorgabe gibt: den Menschen als Benutzer. Vor allem die Beschränkungen bei der Benutzung von Virtual Reality Systemen abzubauen, ist Gegenstand der aktuellen Forschung.

Im zentralen Blickfeld stehen jedenfalls die Darstellung und gleichzeitige Wahrnehmung der Wirklichkeit und ihrer physikalischen Eigenschaften in einer in Echtzeit computergenerierten Virtuellen Umgebung.

Zentrale Begriffe der Virtual Reality

An VR-Systeme wird die Anforderung gestellt, den Benutzer in die virtuelle Umgebung zu integrieren. Dazu werden die drei Is der Virtual Reality beansprucht: Immersion, Interaktion und Imagination (Buco, 1994).



VR: ein Zusammenspiel von Immersion, Interaktion und Imagination

 

Immersion:
Die Qualität der virtuellen Wahrnehmung hängt unmittelbar vom Immersionsgrad, also von der Illusion des Eintauchens in die virtuelle Umgebung, ab. Ziel ist es, durch möglichst realitätsnahes Ansprechen der menschlichen Sinne (visuell, akustisch, haptisch, olfaktorisch) dem Menschen das Gefühl zu vermitteln, in die virtuelle Welt integriert zu sein. Nachfolgend eingeführte Tabelle soll anhand praktischer Beispiele verdeutlichen, was Immersion meint.

 

Beispiel
Virtuelle Umgebung
Immersion
Präsentation Nein Nein
IMAX Film Nein Ja
VRML Welt Ja Nein
CAVE Ja Ja

 

Interaktion:
Der Begriff in seiner ursprünglichen Bedeutung bedeutet wechselseitiges Handeln. Mit der virtuellen Umgebung und den darin vorkommenden virtuellen Objekten durch realweltliche Aktionen zu interagieren integriert den Benutzer in die virtuelle Welt und gibt ihm die Möglichkeit, diese Objekte zu verändern oder sie gar zu benutzen. Je höher die Möglichkeiten zur Interaktion sind, desto höher ist auch der Grad an Immersion.

Diskussion mit Jaron Lanier zum Begriff Interaktion

 

Imagination:
Im psychologischen Sinne bedeutet Imagination Einbildungskraft, Vorstellungsvermögen oder anschauliches Denken. So liegt die Behauptung nahe, dass erst durch Imagination beim Benutzer das Erlebnis, Teil einer virtuellen Welt zu sein, entsteht. Die Imagination ist in starkem Maße abhängig von der Qualität der Immersion und Interaktion.

Meilensteine in der Geschichte der Virtual Reality

  • Höhlen von Lascaux - 3000 vor Christus:
    Die Höhlenmalereien stellen realistische Abbilder von großen Tieren dar, die zu dieser Zeit gelebt haben.

 

  • Zentralperspektive - 15. Jahrhundert:
    Brunelleschi gilt als der Erfinder der Zentralperspektive. Das bedeutet, er hat die erste korrekte Zentralperspektive konstruiert. Dabei werden alle Punkte eines räumlichen Objektes durch gerade Linien, die die Sehstrahlen simulieren, mit einem einzigen Punkt, dem Projektionszentrum, verbunden.


    Bei der Schlüsselübergabe von Perugino ist der Fluchtpunkt in der Mitte der Tür

 

  • Panorama - 18. Jahrhundert:
    Das Panorama war eine der populärsten und typischen Erscheinungen des 18. Jahrhunderts. Wo immer diese spektakulären Bilder gezeigt wurden, drängte sich eine bunte, vergnügungssüchtige Menge. Als der Porträt- und Miniaturmaler Robert Barker 1787 bei einem Spaziergang auf dem Calton Hill ganz Edingburgh zu seinen Füssen liegen sah, kam ihm der Gedanke, die herrliche Aussicht in einem Rundumbild festzuhalten. Mit dieser Idee einer kreisförmigen Darstellung war das Panorama geboren. Die ersten Gemälde gaben meist die Städte wieder, in denen sie gezeigt wurden. Bald trat noch ein weiteres Motiv hinzu: der Krieg. Das Panorama, üblicherweise ein Geschichtsbild vermittelnd, das Helden und dramatische Situationen betonte und den Nationalstaat im Mittelpunkt sah, wurde Teile einer Propagandamaschinerie.

    Panoramabilder der Schlacht am Berg Isel, Innsbruck
    Panoramabilder aus der ganzen Welt, nach Regionen sortiert

 

  • Stereoskopisches Fernsehgerät für den individuellen Gebrauch - 1960:
    Auf immersive Bildvorrichtungen für die sich zu dieser zeit immer stärker etablierende Fernsehtechnik konzentrierten sich Morton Heiligs Pionierforschungen als er sich 1960 die Patentrechte für den Stereoscopic Television Apparatus for Individual Use sicherte. Dabei handelte es sich um eine Stereobrille mit zwei Miniaturmonitoren, mithilfe derer er die Prinzipien Stereoskopie und Fernsehtechnik verknüpfte.


    Patentskizze (Oliver Grau - Virtuelle Kunst in Geschichte und Gegenwart)

 

  • Head Mounted Display - 1968:
    Der erste Monitorhelm wurde 1968 von dem damaligen Havard-Studenten Ivan Sutherland entwickelt. Ein an der Decke befestigter Metallarm diente als mechanisches Trackingsystem. Als Displays dienten zwei kleine Kathodenstrahlröhren. Die Bilder wurden über Glaslinsen in die Augen des Betrachters reflektiert.

 

  • Dataglove - 1981:
    Thomas Zimmermann hatte bereits den Prototyp des Dataglove erfunden, als er gemeinsam mit Jaron Lanier die erste VR-Firma VPL-Research gründete. In vertraglicher Kooperation mit der NASA verbesserte VPL den Datenhandschuh.


    Modellskizze von VPL-Research (Oliver Grau - Virtuelle Kunst in Geschichte und Gegenwart)

Unterschiedliche Kategorien von Virtual Reality

Desktop VR
Desktop-VR-Systeme sind Virtual Reality-Lösungen, die an jedem Home PC genutzt werden können, da man außer dem Browser nur noch ein Plug In oder ein Java Applet benötigt, um in die Virtuelle Welt einzutauchen. Optional kann auch eine 3D Brille vor einem herkömmlichen Monitor zum Einsatz kommen. Dies ist die wohl kostengünstigste Variante, eine virtuelle Umgebung zu schaffen.

Fishtank VR:
Fish Tank VR kombiniert die stereoskopische Darstellung durch LCD Shutter Brillen mit einem mechanischen Positionstracker. Man spricht hier auch von einem Stereo-WoW System. Bei der Fishtank VR wird ein 3D Bild von einem Monitor erzeugt. Aus dem Vergleich dieses Monitors mit einem Aquarium kommt der Begriff Fishtank. Die Darstellung erfolgt typischerweise für mehrere Betrachter. Applikationen werden vorwiegend in den Bereichen CAD und Design gefunden, wo der Eintauchgrad (Immersion) von geringerer Bedeutung ist.

Immersive VR
Das Hauptziel bei VR Anwendungen dieser Kategorie ist die Immersion. In einem CAVE oder mithilfe eines Head Mounted Displays werden beispielsweise immersive VR-Umgebungen zum Trainieren komplexer Verfahren oder zur Darstellung von Gebäude oder Geländeabschnitten erzeugt. Ziel ist es, dass der Benutzer dabei soweit wie möglich von der Außenwelt abgeschottet wird. Applikationen werden nur für eine oder wenige Benutzer installiert.

Telepräsenz
Der Begriff Telepräsenz wurde von dem KI-Forscher Marvin Minsky eingeführt. Seine Definition von Telepräsenz war die Fernsteuerung von Robotern über immersive Schnittstellen. Es sollte eine Möglichkeit geschaffen werden, in lebensbedrohende (bspw. radioaktive) Bereiche oder geographisch unerreichbare Gebiete vorzustoßen, ohne dort physisch anwesend sein zu müssen. Heute wird dieser Bereich jedoch nicht mehr als Telepräsenz, sondern als Telerobotik bezeichnet und vor allem von der NASA und der russischen Weltraumbehörde vorangetrieben.

Mixed Reality
Der Begriff Mixed Reality wurde von Milgram & Kishino (1994) bei dem Versuch eingeführt, um verschiedene Mischformen von virtueller Realität und externer, realer Welt zu beschreiben. Heute ist Mixed Reality eine etablierte Forschungsrichtung mit internationalen Tagungen und ausgeprägten technischen Entwicklungen.

Augmented Reality
Unter Erweiterter Realität versteht man die. Erweiterung von virtueller Information mit der Realität in Echtzeit. Dabei soll die Information möglichst am richtigen geometrischen Ort dargestellt werden. Beispiele für eine AR-Anwendung wären beispielsweise die in Echtzeit eingeblendeten virtuellen Marken bei Sportübertragungen: Verschiedene Entfernungen der Konkurrenten beim Ski-Springen, Weitwurf, etc.

Einsatzgebiete der Virtual Reality

Medizin und Psychologie
In der Medizin kommen vor allem Augmented-Reality-Systeme vor. Dies ist insofern sehr nützlich, als dass der Arzt bei einer Operation die vergrößerte Ansicht direkt vor Augen hat. Außerdem kommen VR-Systeme bei Operations-Vorbereitungen oder bei der Ausbildung zum Einsatz; die Medizinstudenten können auf diese Weise realitätsnäher ausgebildet werden. Die VR-Forscher und Mediziner können sich auch Remote-Operationen vorstellen, bei denen sich Spezialisten mittels VR-Techniken bei komplizierten Operationen einklinken. Derartige Systeme würden sich auch in Gebieten eignen, in denen die Ärztedichte sehr gering ist oder beispielsweise um Verwundete an Frontlinien zu behandeln.

Mit Hilfe von VR werden auch Phobien untersucht. So beschäftigt sich eine Gruppe am GVU (Graphic, Visualization and Usability Center) des Georgia Institute of Technology mit der Höhenangst. Die Versuchspersonen betreten einen virtuellen Fahrstuhl und fahren in den 50. Stock;. Selbst bei sehr geringer Bildschirmauflösung werden noch die typischen Symptome der Höhenangst festgestellt

Ein Problem für die VR in der Medizin stellt die lange Entwicklungszeit dar, denn es müssen langwierige Testphasen durchlaufen werden, um mögliche Fehler zu vermeiden. Besonders in den USA ist in den letzten Jahren die Angst vor möglichen Schadensersatzklagen durch Patienten gestiegen und so ist besondere Vorsicht bei neuen Technologien angebracht.

Wissenschaftliche Visualisierungen
Mittels Virtual Reality kann man sich auf Atomgröße schrumpfen lassen und eine phantastische Reise durch das Universum oder etwa durch einen Apfel oder auch Organe des menschlichen Körpers unternehmen. Ein anderer Ansatz wäre, Aktien an der Wertpapierbörse durch ein Weizenfeld darzustellen. Steigt der Kurs einer Aktie, reift die Pflanze heran, fällt er, verfault sie. Mittels VR kann man nun über das Feld fliegen und die geeignete Aktie ernten.

Militär und Raumfahrt
Hier hatte die VR ihren Ursprung. Durch Einsatz einer VR in einem Flugsimulator wirkt der Flug realer und dem Piloten können auch zusätzliche Informationen in seinen halb-transparenten VR-Helm projiziert werden, die ihm helfen Informationen besser zu verarbeiten. Das Militär hat auch ein auch reges Interesse an der Telerobotik, da Roboter als Kampfeinheiten oder als Bergungseinheiten dienen könnten. Ebenso hat die NASA Interesse an der Telerobotik. Für anfallende Reparaturen an Satelliten müsste nicht immer eine bemannte Raumsonde ins All geschickt werden. Auch können die wissenschaftlichen Daten, zum Beispiel die eines Planeten, dazu genutzt werden eine 3D-Ansicht des Gegenstandes zu modellieren.

Architektur und Planung
Eines der Hauptanwendungsgebiete der VR ist die Architektur. Die bereits vorhandenen 3D-CAD-Daten können sehr einfach zur Generierung der virtuellen Welt herangezogen werden. Dadurch lässt sich wesentlich besser abschätzen, wie ein zukünftiges Gebäude wirkt, ob seine Zimmer groß genug sind, wie die Lichtverhältnisse sind usw. Gerade Inneneinrichtungen lassen sich so hervorragend erstellen, indem Tische, Stühle, Wände etc. in der virtuellen Welt verschoben werden. Dies erleichtert auch die Interaktion zwischen Architekt und Kunde, denn für den Kunden ist es oft sehr schwierig, wenn er sich das fertige Produkt auf einer 2D-Vorlage vorstellen muss. Dadurch dass der Kunde sich schon vor Fertigstellung des Projektes ein virtuelles Bild verschaffen kann, ist es möglich, ihn noch stärker in Designfragen einzubinden. In Japan wird diese Methode bereits wirtschaftlich eingesetzt. So können etwa Kunden eines Kücheneinrichters die Maße ihrer Küche angeben und können diese dann in der virtuellen Welt einrichten. Die Unterstützung der Planung materieller Objekte durch VR-Technik hat bereits eine Vielzahl von Anwendungen gefunden: die Visualisierung von architektonischen Projekten, geographische Informationssysteme, das Sichtbarmachen von bisher Unsichtbarem sowie die computergestützte Zusammenarbeit.

Simulation
Die Entwicklung von Flugsimulatoren trug wesentlich zur Entstehung der Virtual Reality bei. Neben Flugzeugcockpits lassen sich aber auch Autos, LKWs, Bagger, Schiffe und dergleichen simulieren. Tatsächlich ist es nicht nur sicherer, simulierte Geräte zu Trainingsmaßnahmen zu verwenden, sondern auch kostengünstiger. Außerdem können in Simulatoren gezielte Umstände und bestimmten Voraussetzungen trainiert werden.

Unterhaltung
Auch als Computerspiele sind Simulatoren sehr begehrt. In der Tat ist die Unterhaltung der dritte Hauptbereich der VR-Industrie (PowerGlove von Mattel). Sega und andere große Spielekonsolenhersteller entwickeln derzeit auch günstige HMDs für die nächste Konsolengeneration. Auch in Filmen, wie etwa der Rasenmähermann, Minority Report oder Matrix, kommen Elemente der Virtual Reality zum Einsatz.

Bildung
Lebenslanges Lernen, Bildung als wichtigster Karrierefaktor, Flexibilität im Beruf, Training on the job sind nur einige Begriffe, die im Zusammenhang mit Bildung immer mehr an Bedeutung gewinnen. Ein nicht aufzuhaltender Paradigmenwechsel am Bildungssektor nimmt seinen Lauf. So ist es nicht verwunderlich, dass virtuelle Realitäten auch für den Einsatz am Bildungssektor interessant werden. Virtuelle Klassenzimmer und Universitäten sind Erfolg versprechende Elemente des E-LEarning. Beispielsweise könnte folgendes Szenario eine alternative zur klassischen Form eines Studiums werden.

Simone B. studiert in an Universitäten in New York, Paris und Tokio Kunstgeschichte. Sie interessiert sich dabei besonders für die kulturellen Unterschiede und Symbole in der Malerei. Dafür muss sie aber nicht in der Weltgeschichte herumreisen, sondern sie kann alles bequem von ihrem Wohnzimmer aus erledigen. Sie nimmt nämlich an einem gemeinsamen Online-Kurs der drei vertretenen Universitäten teil und kann sich darüber mit Studierenden aus aller Welt austauschen.

Virtuelle Universitäten
Die Virtuelle Universität ist eine wissenschaftliche Einrichtung für Forschung und Ausbildung, die nicht wirklich, sondern nur auf dem Rechner existiert. Es handelt sich also, streng genommen, um eine nicht reell vorhandene Universität. Jedoch müsste diese virtuelle Universität all das bieten, was eine reelle Universität umfasst und zwar in einer virtuellen, nur auf Computern vorhandenen Form: Lehrveranstaltungen, Studienmaterial, Bibliotheken, Orte zur Kommunikation mit Lehrenden und Studenten. Die Vorteile einer solchen Einrichtung sind vor allem Flexibilität in Ort und Zeit für Studierende und Lehrende.

Kunst
Die Geschichte der virtuellen Kunst beginnt in der frühzeitlichen Höhle, wo Wandmalereien auf das tiefe menschliche Bedürfnis verweisen, sich mit medialen Mitteln eine fiktive Gegenwelt zu schaffen, in der Mythen und Götter Platz finden. In der Antike ist es der Tempel, dem die Funktion zukommt, Sitz der Götter und Bühne für die Darstellung göttlicher und menschlicher Schicksale mit bildnerischen oder bildhauerischen Mitteln zu sein. Mit Mosaiken oder Fresken ausgeschmückte Kirchenräume vom Mittelalter bis zum Barock knüpfen an diese Tradition an. In modernen Zeiten bringt das menschliche Bedürfnis nach Illusion und Imagination unter anderem das Kino hervor, das fortan als wichtige Projektionsfläche für die Ängste und Sehnsüchte der Menschen fungiert. Moderne VR Installationen der heutigen Zeit werden nachfolgend angeführt.

Oliver Grau »Vom Rundfresko zum interaktiven Bildraum«
Maurice Benayoun »World Skin«
Monika Fleischmann, Wolfgang Strauss »Murmuring Fields«
Luc Courchesne »Landscape One«
Gerhard Funk »Ruhe - Raum - Bewegung«

Projektionsbasierte Systeme

CAVE im AEC
Der CAVE (Computer Assisted Virtual Environment) ist ein Projektionsbasiertes VR-System das den Betrachter mit vier Screens umgibt. Die Screens sind in einem Würfel angeordnet, sodass drei davon die Bilder über Rückprojektion an die Wand und einer über Frontprojektion und einem Spiegel auf den Boden projizieren. Mithilfe von Spiegeln werden die Bilder reflektiert und auf die Wände projiziert. Der Betrachter verwendet Stereo Shutterbrillen und ein six-degrees-of-freedom head-tracking device. Sobald sicher der Betrachter im CAVE bewegt, wird die korrekte stereoskopische Perspektive berechnet und auf die jeweilige Wand beziehungsweise den Boden projiziert. Der Betrachter kann über einen wand (Stab, Stift), den er in der Hand hält mit seiner virtuellen Umgebung interagieren.

Die aktuelle Implementierung des CAVE nutzt drei Wände und den Boden für die Projektion. Die projizierten Bilder werden von einem SGI Onyx mit zwei Reality graphics Pipelines, wovon jedes auf zwei Kanäle gesplittet ist, errechnet. Nachfolgende Skizze zeigt den prinzipiellen Aufbau der CAVE Umgebung.


Prinzipskizze der CAVE Umgebung im AEC

CAVE im Ars Electronica Center

Holobench
Räumliches Sehen kommt zustande, indem beide Augen unterschiedliche Bilder an das Gehirn liefern. Sollen computergenerierte Bilder zu einem räumlichen Eindruck führen, so muss ein Rechner eine Darstellung je einmal für das rechte und das linke Auge berechnen. Die beiden Ansichten müssen dann dem jeweils richtigen Auge zugeführt werden. Verschiedene technische Lösungen wurden im Lauf der Zeit entwickelt, um dies zu bewerkstelligen.

An der Holobench muss der Benutzer eine so genannte Shutter-Brille tragen. Bei dieser Spezialbrille können die Brillengläser, die eigentlich transparente LCD-Displays sind, getrennt voneinander kurzzeitig verdunkelt werden. Die Bilder für das linke und rechte Auge erscheinen in schneller Folge abwechselnd (typischerweise ca. 90 Bilder pro Sekunde) auf den Projektionsflächen, und es wird das rechte Auge verdunkelt, wenn Links-Bilder gezeigt werden und umgekehrt. Die Trägheit des menschlichen Auges führt dann dazu, dass ein Stereo-Eindruck entsteht. Ist die Anwendung entsprechend programmiert, erscheinen die betrachteten Objekte als vor der Projektionsfläche im Raum schwebend oder auch in die Tiefe hineinreichend.

Shutter-Brillen sind nicht neu; ihre Anwendung in Zusammenhang mit einem Bildschirm als Projektionsfläche ist verbreitet und etabliert sich derzeit auch im PC-Bereich (insbesondere für Spiele). Realitätsnähe erreicht man aber erst, wenn weitere Randbedingungen erfüllt werden:

  • Große Projektionsfläche
    Erst wenn das Gesichtsfeld des Benutzers möglichst gut abgedeckt ist, kommt ein guter Raumeindruck zustande, und es können Modelle in ausreichender Größe untersucht werden. In der Hinsicht kommt die L-förmige Anordnung der Projektionsflächen bei der Holobench als Vorteil zum Tragen. Sie erweitert das Gesichtsfeld besonders nach unten hin.
  • Berücksichtigung der Bewegungsparallaxe
    Ein nicht unwesentlicher Bestandteil räumlicher Wahrnehmung kommt durch die so genannte Bewegungsparallaxe zustande. Wenn sich ein Betrachter bewegt, nimmt er eine Veränderung der relativen Position von beobachteten Objekten zueinander wahr. Besonders gut zu sehen ist dieser Effekt bei Objekten, die sich teilweise verdecken. Will man diese Art von Wahrnehmung vortäuschen, müssen die computergenerierten Bilder an den Betrachterstandpunkt angepasst werden. Dazu werden Kopfposition und Blickrichtung durch ein Tracking-System nach verfolgt und an die Anwendung gemeldet. Liefert die Anwendung dann bei einer Positionsveränderung schnell genug eine neue, korrigierte Ansicht der Szenerie, gewinnt die Darstellung enorm an Realitätsnähe.


Schematische Darstellung des inneren Aufbaus einer Holobench

Engineeringanwendung einer Holobench

Planetarien
Im März des Jahres 1919 stellte der Zeiss-Geschäftsleiter in Jena einem kleinen Kreis von Mitarbeitern sein Konzept Konzept, das die Projektion des Sternenhimmels, der Sonne, des Mondes und der Planeten ermöglichen sollte, vor. Damit war die Idee des Projektionsplanetariums geboren. Die Idee als solche, sprich: die Darstellung des Himmels und seiner Bewegungen, war schon einige Jahre zuvor entstanden, doch verschiedene Schwierigkeiten beim Versuch der Realisierung führten dazu, dass diese Pläne wieder verworfen wurden. Im August 1923 war es dann so weit. Zum ersten Mal erstrahlte in Jena der künstliche Sternenhimmel.

Anlässlich der Verleihung der James Watt International Medal beschrieb Bauersfeld die Phase der Entwicklung wie folgt:

"Eine große Zahl von Skizzen und mathematischen Berechnungen erwiesen sich als nötig. Aber ich hatte Glück, daß mir kein ernstes Hindernis begegnete ... und am Ende ging der Erfolg weit über alles hinaus, was man sich vorher vorgestellt hatte."

Verschiedene Modelle der Zeiss - Planetarien:

  • ZKP
    Zeiss Kleinplanetarium
  • UPP
    Universal-Projektionsplanetarium
  • RFP
    Raumflugplanetarium
  • ZGP
    Zeiss Großplanetarium
  • ZMP
    Zeiss Mittelplanetarium


Moderner Carl Zeiss Projektor, Quelle: Internet


Ausblick:
Seit einigen Jahren ist eine neuartige Entwicklung im Gange, die den klassischen Projektionsplanetarien teilweise schon den Rang abgelaufen hat. Es handelt sich dabei um das so genannte digitale Planetarium. Dahinter verbirgt sich die Projektion von Ganzkuppelvideo mit Hilfe von Videobeamern. Ähnlich wie bei Dia-Allskies ergeben die Einzelbilder mehrerer Videobeamer (meistens zwischen sechs und zehn) ein komplettes, Kuppel füllendes Videofeld. Ob es aber jemals gelingen wird, den Sternenhimmel damit so brillant darzustellen wie mit mechanischen Glasfasertechnik-Projektoren bleibt abzuwarten.

Eine weitere Neuigkeit in der Entwicklung ist die Laser-Display-Technologie (LDT). Sie verfolgt die Zielstellung, Bilder auf beliebige Projektionsflächen in bisher unerreichter Qualität darzustellen. Die Projektionsflächen können eben oder gekrümmt sein, aus Nebelwänden, Wasservorhängen oder anderen streuenden Materialien bestehen.

Zeiss Planetarien

Ergänzende und vertiefende Module