Grundproblem abbildender Systeme

Sehen ist ein informationsverarbeitender Prozess, der aufgrund von optischen Reizen eine Beschreibung der Umwelt (re-)konstruiert. Dabei wird die dreidimensionale Umwelt über ein abbildendes System, wie das Auge, in zweidimensionale Verteilungen von Helligkeits- und Farbwerten abgeBILDet. Das Gehirn baut aus diesen zweidimensionalen Bildern wieder ein inneres Abbild der dreidimensionalen Umwelt auf.

Das Grundproblem abbildender Systeme besteht nun darin, dass jeder Punkt der Umwelt, der von einer Lichtquelle (direkt oder indirekt) angeleuchtet wird, Licht nach vielen Richtungen streut. Deshalb können wir einen Gegenstand aus verschiedenen Blickrichtungen wahrnehmen. Auf einen Bildpunkt einer zweidimensionalen Fläche treffen daher die Lichtstrahlen von vielen Punkten der Umwelt. Dadurch entsteht kein eindeutiges Abbild.
Ziel ist es daher, dass jeder Bildpunkt des zweidimensionalen Abbilds nur Licht von einem Objektpunkt empfängt, um eine eindeutige Information zu erhalten.


Abb.: Jeder Punkt der Umwelt, der von einer Lichtquelle (direkt oder indirekt) angeleuchtet wird, streut Licht nach vielen Richtungen aus. Auf einen Bildpunkt einer zweidimensionalen Fläche treffen daher die Lichtstrahlen von vielen Punkten der Umwelt. Es entsteht dadurch kein eindeutiges Abbild.

Deshalb erhält man kein brauchbares Abbild der Umwelt, wenn man einen Bogen Fotopapier einfach ins Licht hält. Man muss der zweidimensionalen Fläche ein System vorschalten, welches gewährleistet, dass im Idealfall zu einem Bildpunkt des Abbilds nur die Lichtstrahlen von einem Objektpunkt bzw. aus einer Raumrichtung gelangen. Im Laufe der Evolution wurden zwei Abbildungsprinzipien verwirklicht.

1. Kollimator

Kollimatoren sind Bündel von Röhren, die jeweils Licht aus einer ganz bestimmten Richtung durchlassen. Das durchgelassene Licht hängt vom Durchmesser und von der Länge der Röhren ab. Je länger und enger die Röhren sind, desto mehr störende Lichtstrahlen werden ausgeblendet und umso eindeutiger und präziser ist die Abbildung. Die Röhren können zueineinander parallel (Parallelprojektion) oder auf einer Kugeloberfläche (Zentralprojektion) angeordnet werden. Bei der Anordnung auf einer Kugeloberfläche ist die Größe des Blickfelds nicht eingeschränkt und kann theoretisch bis auf die vollständige Kugel ausgedehnt werden.
Die Augen der Insekten und Krebstiere sind Beispiele für Kollimatoren.


Abb.: Prinzip der Kollimatoren. Nur die Lichtstrahlen im grauen Breich werden vom Kollimator durchgelassen.


Abb.: Anordnung der Kollimatoren


2. Lochkamera

Bei einer Lochkamera werden die störenden Lichtstrahlen durch eine vorgeschaltete Blendenöffnung ausgeblendet. Ein Objektpunkt wird dabei als Kreisfläche auf der Bildebene abgebildet. Je kleiner die Blendenöffnung desto enger ist der Lichtkegel, der von einem Objektpunkt durch die Blendenöffnung auf die Bildebene projiziert wird und umso kleiner ist der Kreis, der den Objektpunkt abbildet.


Abb.: Prinzip der Lochkamera

Durch die Überschneidung und Überlagerung der Projektionskreise werden mehrere benachbarte Objektpunkte auf einem Bildpunkt abgebildet. Daraus ergibt sich eine Unschärfe des Abbildes. Je kleiner die Blendenöffnung desto schärfer (= präziser, eindeutiger) das Abbild. Bei einer winzigen Blendenöffnung (z.B. Stecknadelloch) wird jeder Objektpunkt, egal wie weit er von der Blendenöffnung entfernt ist, gleich scharf abgebildet. Die Tiefenschärfe ist unendlich.
Die Größe des Blickfelds ist begrenzt und hängt vom Abstand der Blende von der Bildfläche ab.


Abb.: Die Lochkamera erzeugt ein zentralperspektivisches Bild, das auf dem Kopf steht. (Der Unschärfebereich durch die Größe des Lochs wurde hier nicht eingezeichnet.)

Bei einer Lochkamera erhält man auf Grund der sehr kleinen Blendenöffnung lichtschwache Bilder. (Nebenbemerkung: Deshalb benötigt eine Lochkameraaufnahme in der Fotografie eine sehr lange Belichtungszeit, damit auf das lichtempfindliche Fotopapier genügend Licht auftrifft, um die notwendige Belichtung zu bewirken.)
Um dieses Problem zu lösen, kann man die Blendenöffnung vergrößern und in die Öffnung eine Sammellinse einsetzen, die die einfallenden Lichtstrahlen auf einen Bildpunkt bündelt. Durch die größere Öffnung fällt mehr Licht auf die Bildebene und die Bilder sind lichtstärker.
Dieses Prinzip ist z.B. bei den Linsenaugen der Wirbeltiere, beim Fotoapparat und bei Filmkamaras verwirklicht.


Abb.: Prinzip der Lochkamera mit Linse


Abb.: Strahlengang für eine dünne Linse
F, F': objekt- und bildseitiger Brennpunkt, Abstand zwischen F und N: Brennweite

Bei einer Sammellinse werden jedoch nur die Punkte einer Ebene scharf abgebildet. Die restlichen Punkte sind unscharf – je weiter weg von dieser Ebene, desto unschärfer. Die Position der Ebene, die scharf abgebildet wird, kann über die Brennweite (= Wölbung) der Linse und den Abstand der Linse von der Bildebene verändert werden.


Beim Wirbeltierauge erfolgt das Scharfstellen auf eine bestimmte Entfernung (= Akkommodation) durch Veränderung der Linsenwölbung, im Fotoapparat durch Veränderung des Abstands der Linse von der Bildebene.

Module, die für die Durchführung vorausgesetzt werden

Ergänzende und vertiefende Module