Strukturierung

Ausgehend von den zu vermittelnden Inhalten, den erstellten Nutzungsszenarien und Userprofilen müssen die Inhalte entsprechend strukturiert werden. Diese Struktur in Verbindung mit einem Konzept, wie man in der Struktur navigieren und sich zurecht finden kann, bildet die Grundlage sowohl für die technische Implementierung als auch für das Groblayout.

Eine Multimedia/Webapplikation lässt sich mit einem Eisberg vergleichen: Layout und Design (Screendesign, Interaktionsdesign) bilden den für die BenutzerInnen sichtbaren kleinen, aber wesentlichen Teil des Eisbergs. Die technische Implementierung ist der große unsichtbare Teil unter dem Wasser. Er wird für die User erst spürbar, wenn es zu einer "Kollision" kommt, d.h. wenn etwas nicht wie gewünscht funktioniert. Die Struktur bildet die Wasserlinie, die Verbindung dieser beiden Teile. Die Art der Strukturierung ist für die BenutzerInnen erfahrbar und bildet mit dem Layout und Design das Interface (das Tor, die Schnittstelle) zu den Inhalten.

Natürllich beeinflussen die technischen (und die oft damit verbundenen finanziellen) Möglichkeiten die Struktur. Z.B. hat die Wahl einer Entwickllungsplattform oder eines CMS (Content Management Systems)  Einfluss auf die Struktur. Ebenso fließen Überlegungen des Layouts und Designs in den Prozess der Strukturentwicklung ein. Entscheidend ist aber, dass durch die präzise Definition der Struktur inkl. Navigations- und Orientierungskonzept eine klare Schnittstelle zwischen den DesignerInnen und den SoftwareentwicklerInnen geschaffen wurde.

Eine ergänzende, aber etwas andere Sicht zeigt die nachstehende Grafik:
Gezeigt werden von unten nach oben fünf Ebenen bei der Entwicklung von screenbasierten Benutzeroberflächen:

 

Auf der strategy-Ebene wird der Zweck, den die Anwendung erfüllen soll, definiert (Zieldefinition). Das beinhaltet auch die Beschreibung des Nutzens für die User (Usersicht) und die Entwicklung von Nutzungsszenarien.

Auf der scope-Ebene wird festgelegt welche Inhalte und Features in der Applikation angeboten werden.

Auf der structure-Ebene wird der Inhalt in ein Netzwerk von Teilblöcken zerlegt, und es wird festgelegt, welche Features bei den jeweiligen Einheiten zur Verfügung stehen. Durch das Netzwerk wird definiert, wie die Teilblöcke zusammenhängen.

Auf der skeleton-Ebene wird das Groblayout der jeweilgen Einheiten definiert, d.h. wie die einzelnen Elemente (Buttons, Bilder, Textblöcke, usw.) auf dem Screen angeordnet werden.

Auf der surface-Ebene erfolgt die konkrete visuelle Gestaltung, die den Zielvorstellungen entsprechend  die BenutzerInnen auch emotional ansprechen soll.

Diese Abbildung wurde entnommen aus Jesse James Garrett, The Elements of User Experience
Siehe auch Elemente der Entwicklung von Benutzerschnittstellen von J. Garrett.

Möglichkeiten zur Strukturierung von Inhalten

Das Grundproblem besteht darin, dass immer mehr Daten vorliegen als auf dem beschränkten Rechteck des Screens gleichzeitig dargestellt werden können. Daher müssen die Daten in kleine Teilblöcke zerlegt werden. Der zu strukturierende Datenbestand muss dabei nicht gleich bleiben, sondern kann sich laufend verändern und auch wachsen. Daraus ergibt sich sofort das zentrale Strukturierungproblem, in welche Blöcke die Daten zerlegt und wie diese verknüpft werden sollen.

Dafür gibt es unterschiedliche Lösungansätze:

  • Lineare Struktur: Inhalte werden ähnlich wie in einem Buch in einer klar definierten Reihenfolge strukturiert und angeboten

  • Baumstruktur: Inhalte werden in streng hierachischer Form gegliedert. Ausgehend von einem Knoten im Baum ist es grundsätzlich nicht vordefiniert, welcher Subknoten zuerst ausgewählt wird.



    Auch in vielen (Sach-)büchern werden die Inhalte baumartig in Kapitel und Unterkapitel gegliedert, wobei hier für den Druck eine zum Teil inhaltlich nicht notwendige Linearisierung erfolgen muss.
  • Netzstruktur: Die einzelnen Inhaltsblöcke sind in einer nicht-hierachischen Form untereinander vernetzt.

Lineare Strukturen sind ein Spezialfall von Baumstrukturen. Bäume sind wiederum Spezialfälle von Netzen. Natürlich kommen in der Praxis meist Mischformen vor:

  • Eine lineare Struktur wird zu einem Ring geschlossen: Vom Ende gelangt man wieder zum Anfang. Z.B.in einer Bildergalerie. Wenn alle Elemente gleichwertig sind, ist der Einstiegspunkt beliebig und kann z.B. durch Zufall ausgewählt werden, um bei jedem Neueinstieg für Abwechslung zu sorgen.

  • Die Subknoten eines Knoten werden untereinander verknüpft, um nicht immer auf die nächst höhere Ebene zurück wechseln zu müssen. Oder alle Knoten einer Baumebene werden verknüpft.

  • Unabhängigen Teilnetze werden baumartig verknüpft. Jeder Knoten des Baums bildet dabei ein Netz.

Zusätzlich zu den oben genannten Strukturen ist eine Strukturierung nach Level of Detail (LoD) möglich:
Dabei werden für jeden Inhaltsblock unterschiedlich umfangreiche Informationsblöcke angeboten. Z.B. Kurzinformationen für den raschen Überblick, etwas detailiertere sowie umfangreiche,  in die Tiefe gehende Informationen. Die BenutzerInnen können daher selbst je nach Interesse und Zeit den für sie entsprechenden Detailiertheitsgrad wählen.



Im Bild oben wird eine lineare Struktur in drei unterschiedlichen Detailiertheitsgraden angeboten. In diesem Fall kann man bei jedem Block in die Tiefe gehen, kann aber bei Level 2 und 3 nicht zu einem anderen Inhaltsblock wechseln. (Logisch gesehen ist das ein Baum.) Im unteren Bild kann man hingehen auch auf unterem Level zu anderen Blöcken wechseln (Netz).


Module, die für die Durchführung vorausgesetzt werden