Wesentliche Kenndaten

1. Kugelförmige Charakteristik

Bei Mikrofonen mit kugelförmiger Richtcharakteristik gibt es keinen bevorzugten Einfallswinkel für den Schall, sie nehmen also Schallwellen aus allen Richtungen im gleichen Maße, dh. mit demselben Wirkungsgrad auf.

Anhand der Skizze lässt sich dies sehr schön erkennen. Bei jedem Öffnungswinkel wird der Schall in allen Frequenzbereichen gleich aufgenommen.


Abb.: kugelförmige Charakteristik am Beispiel des Beyerdynamic MPC 23 (Quelle: www.beyerdynamic.com)


Eine kugelförmige Charakteristik wird durch sogenannte Druckempfänger erreicht.

Druckempfänger
Bei einem Druckempfänger ist nur eine Seite der Membran dem Schallfeld ausgesetzt. Die Rückseite der Kapsel ist luftdicht abgeschlossen. Schallwellen, deren Wellenlänge größer als der Durchmesser der Mikrofonkapsel ist, werden um die Kapsel gebogen. Mit zunehmender Frequenz aber wirkt das Mikrofon als Hindernis für den Schall. Schallwellen mit hoher Frequenz, die von der Seite oder von hinten auf das Mikrofon treffen, werden nur teilweise oder überhaupt nicht um das Mikrofon gebeugt und somit ausgeblendet. Die Richtcharakteristik eines Druckempfängers wird damit bei hohen Frequenzen nierenförmig. Um die kugelförmige Richtcharakteristik auch bei höheren Frequenzen zu erhalten, sind Druckempfänger allgemein relativ kleine Mikrofone mit einer sehr kleinen Membran.

praktischer Einsatz
Zur Sprachaufnahme bei Konferenzen und Live-Übertragungen in Form kleiner Ansteckmikrofone, die nah am Mund platziert sind oder als Decken- oder Tischmikrofone.


2. Nierenförmige Charakteristik

Die am häufigsten eingesetzte Richtcharakteristik ist die Niere. Mikrofone dieser Art reagieren auf jene Schallwellen am empfindlichsten, die von vorne auf das Mikrofon treffen. Seitlich oder von hinten eintreffender Schall wird schwächer übertragen. Diese nierenförmige Richtwirkung kann am einfachsten durch Überlagerung von kugel- und achterförmiger Richtcharakteristik erzielt werden.

Die Abbildung zeigt, ab welchen Öffnungswinkel die Schallwellen am stärksten aufgenommen werden. Deutlich zu erkennen nimmt die Wirkung des Mikrofons zur Seite und nach hinten stark ab. Ebenfalls zu erkennen ist, dass es unterschiedliche Empfindlichkeiten bezüglich der Frequenz gibt.


Abb.: nierenförmige Charakteristik am Beispiel des Beyerdynamic MCE 91 (Quelle: www.beyerdynamic.com)

praktischer Einsatz
Für die meisten Anwendungsformen geeignet. Bei Studio- und Recordingaufnahmen von Gesang und Stimme.


3. Achterförmige Charakteristik

Bei einer achterförmigen Charakteristik werden Schallwellen, die von vorne oder von hinten auf das Mikrofon treffen, mit dem größten Faktor übertragen. Treffen die Schallwellen von der Seite ein, so werden diese nicht oder nur mit einem sehr geringen Faktor gewandelt.
Diese Richtcharakteristik wird durch sogenannte Druckgradientenempfänger erzielt.


Abb.: achterförmige Charakteristik am Beispiel des Beyerdynamic M 130 (Quelle: www.beyerdynamic.com)


Druckgradientenempfänger
Die Membran ist hierbei mit beiden Seiten dem Schall ausgesetzt. Für die Auslenkung ist damit der Unterschied des Schalldrucks vor und hinter der Membran maßgebend. Diese Differenz des Schalldrucks nennt man Druckgradient. Ein seitlicher Einfall bewirkt auf beiden Seiten den gleichen Schalldruck, somit keine Differenz und auch keine Auslenkung der Membran.

praktischer Einsatz
Die Achtercharakteristik ist besonders vorteilhaft, wenn seitlich auftreffender Schall unterdrückt werden soll oder sich die Schallquellen gegenüberliegen, z.B. zur Schlagzeugabnahme oder Miteinbeziehung des Publikums in eine Aufnahme.


4. Super- (Hypernieren)charakteristik

Durch spezielle Konstruktionsmaßnahmen lassen sich zwei spezielle Charakteristiken erreichen –

Superniere: Die Empfindlichkeit des Mikrofones beträgt 38% für seitlich einfallenden und 25% für von hinten einfallenden Schall im Vergleich zum Schall von vorne.
Hyperniere: Die Empfindlichkeit des Mikrofones beträgt 25% für seitlich einfallenden und 50% für von hinten einfallenden Schall im Vergleich zum Schall von vorne.


Abb.: Richtcharakteristik Hypernierencharakteristik am Beispiel des Beyerdynamic M 99 (Quelle: www.beyerdynamic.com)

praktischer Einsatz
An Sprecherplätzen in Rundfunkstudios oder zur Instrumentenabnahme. Eine Hypernierencharkteristik beispielsweise verhindert die Rückkoppelung im Live-Betrieb.


Richtrohrmikrofon (Interferenzempfänger)

Zur Verbesserung der Richtwirkung können Mikrofone mit einem Richtrohr ausgestattet werden. Schallwellen, die seitlich oder von hinten auf das Richtrohr auftreffen, überlagern sich sich gegenphasig und löschen sich mehr oder weniger aus (=Interferenz). Schall der von vorne auf das Mikrofon trifft, überlagert sich gleich phasig und wird somit nicht ausgelöscht.

Die Richtwirkung des Mikrofons hängt in erster Linie von der Länge des Rohrs ab. Für tiefe Frequenzen entspricht die Charakteristik in etwa der eines Nierenmikrofons, nach oben hin wird die Richtcharkateristik kugelförmig.

praktischer Einsatz
Sprachaufnahmen bei Spielfilmen live am Drehort. Hier wird das Richtrohrmikrofon an einem Galgen montiert und direkt über den Sprecher geführt.