Grundproblem
Das Grundproblem bei jeder Visualisierung ist die sehr limitierte 2D-Fläche des Screenrechtecks, die benutzt wird, um unterschiedliche Inhalte anzuzeigen. Normalerweise sind wir mit mehr Informationsobjekten konfrontiert als gleichzeitig auf der kleinen Screenfläche angezeigt werden können. Daher müssen Strategien entworfen werden, wie der gesamte Inhalt in einem kleinem Rechteck von Pixeln dargestellt werden kann.
Traditionelle Lösungen
Traditionell wird dieses Problem durch Methoden gelöst, die vom Buch und der Schriftrolle abgeleitet sind: Blättern und Scrollen. Dabei wird ein kleiner Ausschnitt aus einem größeren Ganzen, das außerhalb des Monitorfeldes liegt, gezeigt.
Scrollen
Eine Schriftrolle ist ein langer Streifen mit Inhalt, von dem immer
nur ein kleiner Teil sichtbar ist. Der Rest ist aus Gründen des
limitierten Platzes an beiden Seiten aufgerollt.
Grundsätzlich
ist Scrollen ein Metapher für
folgenden Vorgang:
Der Inhalt wird durch ein „Fenster” gesehen. Ein langer Streifen mit Inhalt kann in beide Richtungen unter dem „Fenster“ bewegt werden (oder das „Fenster“ wird über den Streifen gezogen). Im Monitorinterface des Computers wurde dieser eindimensionale Metapher zu einem zweidimensionalen erweitert, indem ein riesiges Rechteck gefüllt mit Inhalt horizontal und vertikal unter dem „Fenster“ verschoben werden kann (oder das „Fenster“ wird über das Rechteck bewegt).
Blättern
Ein Buch enthält (meist textbasierten) Inhalt, der in getrennte
und geordnete Einheiten zerlegt wurde – den Buchseiten.
Grundsätzlich ist Blättern ein Metapher für
folgenden Vorgang:
Viel Inhalt wird in getrennte Einheiten zerlegt. Das Resultat ist ein Stapel von Seiten, wobei immer nur eine Seite gleichzeitig in einem „Fenster” angesehen werden kann.
Normalerweise wird im Computer eine Kombination dieser beiden Metapher eingesetzt: Der Inhalt wird in separate "Seiten" zerlegt, aber diese Seiten sind größer als das „Fenster“. Daher wird Scrollen verwendet, um den Inhalt einer Seite anzuzeigen.Das Problem von Orientierung und Überblick
Wenn nur ein Teil des Inhalts angezeigt werden kann, ergeben sich für die BenutzerInnen zwei Probleme, die gelöst werden müssen.
Der Gebrauch der traditionellen Medien Buch und Schriftrolle impliziert
zusätzliche Informationen, die eine Beantwortung dieser Fragen ermöglichen.
Bei einer Schriftrolle liefern die Durchmesser der Rollen an beiden Seiten
die Information wo man sich ungefähr innerhalb der Rolle befindet
und wie lange diese ist.
Bei einem Buch informieren die Dicke des linken
und rechten Buchteils über die Position innerhalb des Buchs und über
die Gesamtstärke. Diese intuitive Information wird dabei ergänzt
durch Seitennummerierung und Kapitelüberschriften.
Der beste Weg, um bei einer Schriftrolle einen Überblick zu erlangen, besteht darin, diese vollständig auszurollen und aus der Distanz zu betrachten. Das ist bei einem Buch nicht möglich. Daher wurde das Inhaltsverzeichnis entwickelt, um einen Überblick zu erhalten.
Die Interfacedesigner haben diese alten Techniken für Orientierung
und Überblick in einer sehr direkten Form für das Medium Computerbildschirm
adaptiert:
Der Schieber im Scrollbar informiert
die BenutzerInnen über die Position
innerhalb des Gesamtinhalts und dessen Länge zeigt an, wieviel vom
Gesamtinhalt momentan sichtbar bzw. unsichtbar ist.
Sehr oft wird eine Detailansicht mit einem separaten Navigator kombiniert, der einen Übertblick aus der Distanz liefert. Ein Rechteck im Navigatorfeld korrespondiert mit der Detailansicht und bietet daher die nötige Orientierung.
Abb.: Navigator im Photoshop
Wir sind daher am Computer zurzeit großteils mit Benutzerschnittstellen
und Mensch-Maschine Interaktionen konfrontiert, die von alten, traditionellen
Medien abgeleitet sind und bei weitem nicht die Stärken und Möglichkeiten
des neuen Mediums bei der Darstellung von Inhalten in einem begrenzten
Rechteck ausnützen.
Die alternative Lösung der Projektion nutzt
im Gegensatz dazu die Möglichkeiten des neuen Mediums und verwendet
anstelle der alten Metapher „Blättern“ und „Scrollen“ den
Metapher des „Fokusierens“.
Fragen zu Navigation und Orientierung
entnommen aus Frank Thissen: ScreenDesign Handbuch