Farbkorrektur  neutrale Farben

Als erste Übung und als Grundvoraussetzung für eine individuelle Farbgestaltung, beschäftigen wir uns mit der Methode, die Farben auf einen neutralen Wert zu einzustellen:

Wir wählen dazu einen Clip, bei dem wir einen Bereich eindeutig als Grau definieren können.
An der Frameposition 00:00:16:24 finden wir eine Großaufnahme der Frau beim Telefonieren.
Das weiße Hemd an der linken Schulter eignet sich sehr gut zur Definition des Grau-Tones. Dazu bewegen wir den Mauszeiger in den gewünschten Bereich (Bsp.: X:185, Y:535) im Kompositionsfenster und sehen im Infofenster an der linken Seite die Koordinaten der Mausposition (ist nur zum Nachvollziehen des Beispiels relevant) und auf der rechten Seite die RGB-Werte der Farbe an der aktuellen Mausposition.

An der Position X:185 und Y:535 betragen diese Werte R:166 G:148 B:150.
Wenn wir nun davon ausgehen, dass die Farbe des Hemdes an dieser Stelle ein reines Grau sein soll, können wir aus dem R-Wert einen Multiplikator ausrechnen, mit dem wir dann die beiden anderen Werte entsprechend angleichen können:
Nachdem wir mit 8-Bit Farbtiefe arbeiten, steht der Wert 255 für das Maximum (Weiss). Wir dividieren also 255 durch 166 für den Rot-Wert und erhalten als Multiplikationsfaktor: 255/166=1,536

Als Referenzfarbe sollte immer die Farbe mit dem höchsten Wert verwendet werden, damit die Werte der übrigen Farben nach der Multiplikation nicht über 255 liegen. Der höchste Wert steht auch immer für den Farbbereich der am stärksten reduziert wird.

Nun müssen wir nur noch den Grün- und den Blau-Wert mit diesem Faktor multiplizieren und erhalten so die fogenden Farbwerte:

G: 148x1,536=227
B: 150x1,536=230,4

Mit der Taste F3 öffnen wir das Effektfenster für die aktive Ebene (S_02-07.avi). Ein Klick mit der rechten Maustaste und es öffnet sich ein Dropdownmenü mit der gesamten Effektpalette. Wir wählen „Anpassen > Tonwerte (Einzelne Steuerungen)“.

Hier geben wir die errechneten Werte unter Grün: Grün: Eingabe: Lichter (227) und bei Blau: Blau: Eingabe: Lichter (230) ein.
Für Rot bleibt der Wert auf 255.



Um im selben Arbeitsschritt auch die Helligkeit zu korrigieren, stellt man unter "RGB: Eingabe: Lichter" den Wert entsprechend ein.

Die so errechneten Farb-Parameter können nun auch bei jenen Clips angewendet werden, die in der selben Raum- und Lichtsituation aufgenommen wurden.
Für alle anderen Clips müssen die Werte neu berechnet werden.

Ein Beispiel für eine eher schwierige Mischlicht-Situation befindet sich an der Frame-Position 0:00:03:03. Hier haben wir einen dominanten Tageslichteinfall von der linken Seite (eher Blau) und etwas Kunstlicht von vorne und rechts (eher Gelb).

Wählt man hier einen eher bläulichen Bereich des Hemdes als Referenzpunkt aus (Bsp.: X:146 Y:416), so wird das Ergebnis nach den Berechnungen sehr gelb. Hier muss man versuchen den eigentlichen Charakter des Bildes zu erkennen und dementsprechend die störenden Farben reduzieren. Um den Tageslichtcharakter dieses Clips zu unterstreichen, sollten die roten Anteile am stärksten reduziert werden und die Grün- und Blau-Anteile eher leicht angepasst werden. Nimmt man also einen eher rötlichen Bereich des Hemdes als Referenzpunkt an, so ergeben sich die Werte R:255 G:230 B:230.

Um hier noch präziser vorzugehen, kann man einzelne Teile des Bildes maskieren und die unterschiedlichen Bildbereiche so mit verschiedenen Werten korrigieren. Ein solcher Vorgang wird in Modul 4 (Bildoptimierung) als Beispiel 2 zur unterschiedlichen Helligkeitskorrektur durchgeführt. In weiterer Folge werden wir auch die grobe Wandstruktur bearbeiten und die Nägel in der Wand entfernen (Modul 6: Bildkorrektur / Masken).

Wichtig!! Um wirklich einwandfreie Farb-Ergebnisse zu erzielen, sind es in letzter Instanz immer noch die menschlichen Augen, die darüber entscheiden, ob die Farben neutral und natürlich wirken. Das heißt: Wenn die errechneten Farbwerte erheblich vom subjektiven Farbempfinden abweichen, sollte man seinem Gefühl nachgeben und die Korrektur intuitiv anpassen. Dabei ist aber zu beachten, dass das eigene Farbempfinden von sehr vielen Faktoren abhängig ist und im Zweifelsfall eine erfahrene Person zu Rate ziehen.
Wichtig ist auch, dass der Monitor, der bei der Farbkorrektur verwendet wird, die Farben korrekt wiedergibt. Ein Computermonitor ist hierfür die schlechteste Wahl, da die Farben sehr stark von einem Videomonitor abweichen. Die beste Lösung ist ein Studio-Monitor, auf dem die Vorschaubilder aus After Effects angezeigt werden können – diese Funktion unterstützen aber nicht alle DV-Schnitt-Systeme.