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Vorwort

In diesem Tutorial wird auf die Arbeitspraxis "Arbeiten mit einem 35mm Adapter" eingegangen. Es wird nicht erklärt, was ein 35mm Adpter ist.
Ich werde hier einige Erfahrungen für den klassischen Spielfilm anführen und nicht auf Experimentalfilm eingehen.
Was muss ich tun, um beim Drehen mit dem 35mm Adapter das optimale Bild zu erreichen?

1. Das Handling

Der Einsatz eines 35mm Adapter macht noch kein großes Kino! Man sollte sich, bevor man das nächste Filmprojekt ansteht, schon einige (mehrere) Stunden mit dem Adapter auseinandersetzen. Das Schwierigste ist es, bei Bewegtbildern den Fokus auf dem gewünschten Objekt zu halten. Dies geschieht meist durch den Follow Fokus. Ich kann nur erfahrenen 35mm Adapter Kameramännern und Kamerafrauen empfehlen selbst zu schärfen. Meist (auch in Hollywood) hat der Kameramann einen Assistenten, der die Schärfe zieht. Bei manchen Adaptern ist noch kein FlipModul (das Bild steht ohne FlipModul auf dem Kopf) eingebaut. In diesem Falle benötigt man unbedingt einen Vorschaumonitor (verkehrt montiert), mit dem man besonders bei Bewegtbildern auch den Ausschnitt gut kontrollieren kann.
Wichtig ist es, die Kamera komplett manuell zu bedienen. Erstens um sich ganz auf den Adapter zu konzentrieren. Zweitens verliert die Kamera bei Autofokus die Schärfeebene der Mattscheibe auf die das Bild des Objektives projiziert wird. Das hat zur Folge, dass einfach alles unscharf ist.  Und drittens setzt das Arbeiten mit einem 35mm Adapter einen guten Wissensstand über "analoge Fotografie" voraus. Es sollte auch unbedingt der ImageStabilizer des Camcorders abgeschalten werden.

2. Welche Objektive sind geeignet

Optisch gesehen entspricht das menschliche Auge in etwa einem 50mm Objektiv. Darum ist es auch das am häufigsten benutzte Objektiv beim Spielfilm. Es verstärkt beim Zuseher das Gefühl am filmischen Geschehen teilzunehmen.

Technisch gesehen sollte man nur Objektive verwenden, die für Vollformat - Spiegelreflexkameras konstruiert wurden, da sich durch die gleichen Abmessungen ein Formatfaktor in Relation zum Kleinbildformat von 1 und somit keine Änderung des Bildwinkels ergibt. Der Grund: Ein Kleinbildfilm hat die Abmessungen 36mm x 24mm. Das Objektiv bildet das Licht (Bild) kreisförmig ab. Aus diesem Abbild wird ein Ausschnitt herausgenommen.

Generell gilt: Je lichtstärker ein Objektiv ist, desto besser ist es für das Arbeiten mit einem 35mm Adapter, da der Adapter, je nach Bauart ca. 2-3 Blenden schluckt (Lichtverlust an der Mattscheibe und ca. 2 Blenden durch den Camcorder). Gebrauchte 50mm Objektive mit 1:1,4 Lichtstärke findet man schon um die 100 Euro. 1:1,8 ca. um 70 Euro. 1:1,2 ca. um 450 Euro.
Objektive mit einer Blende über 1:2,8 verursachen eine zu starke Vignettierung und sind eher ungeeinet (außer man möchte das, wäre aber in der Postproduktion besser). Man sollte immer kontrollieren, ob nicht irgendwo im äußeren Bildausschnitt Teile der Mattscheibenhalterung mitfilmt werden. Falls das so ist, sollte man mehr einzoomen (am Camcorder). Wenn nicht mehr eingezoomt werden kann, wird eine Makrolinse benötigt. Am besten wird das Bild mit einem externen Vorschaumonitor kontrolliert, da der Camcordermonitor meist nicht das ganze Bild zeigt. 

3. Shutterspeed

Rein technisch gesehen, funktioniert der Adapter so, als würde man einen Film von der Kinoleinwand abfilmen. In diesem Falle von einer eingebauten Mattscheibe, die zwischen Camcorder und Spiegelreflexobjektiv liegt. Es gbit drei Arten von Mattscheiben: Eine statische, eine drehende und eine oszillierende Mattscheibe.
Jede Mattscheibe hat ein Korn, welches man natürlich auf das Bild mit aufnimmt. Die drehende Mattscheibe (z.B.: im Letus35mmUltimate) eliminiert dieses Korn durch Drehung. Bei der oszillierenden Mattscheibe, oszilliert das Korn und wird somit "unsichtbar".
Man sollte beim Arbeiten mit einem 35mm Adapter den Shutterspeed somit möglichst gering halten, um diese Kornbewegungen nicht aufzunehmen. Gute Ergebnisse für den Spielfilmbereicht liefert ein Shutterspeed von 1/50 Sekunde. Dieser Shutterspeed kommt auch einer 35mm Film - Kamera gleich. 1/25 s empfiehlt sich, wenn man etwas zu wenig Licht hat.

4. Die Blende

In der Regel haben Fixbrennweiten eine bessere Schärfeabbildung als Zoomobjektive. Das Abbildungsmaximum (an Schärfe) erreichen Objektive bei einer Blende von f4. Aber die meisten, die mit einem 35mm Adapter arbeiten, tun dies aus einem Grund: Geringe Schärfentiefe (DOF). Diese lässt sich am optimalsten durch eine weit offene Blende erzielen. Je offener die Blende, desto weniger Schärfentiefe. Ist das Bild zu hell (Überbelichtung droht), man kann nicht dimmen (z.B.: bei Sonnenschein) und möchte trotzdem die geringste Schärfentiefe erhalten, dann ist die beste Lösung, den in semiprofessionellen Camcordern eingebauten, ND Filter zu verwenden oder einen ND Filter vor die Optik zu schrauben. Ist das noch immer zu wenig abgedunkelt, oder hat man keinen ND Filter zu Verfügung, dann sollte man die Blende am Camcorder regeln (höhere Blende einstellen). Ab einer Camcorderblende über f4 wird das Bild leicht unscharf.
Also am besten immer mit ND Filtern arbeiten.

5. Licht, Licht, Licht

Das Wichtigste um ein optimales und rauschfreies Bild zu erhalten ist Licht. Auch weil der Adapter sehr viel Licht verliert, ist es wichtig, mehr Licht zu haben als beim Drehen ohne Adapter mit einem handelsüblichen Camcorder. Optisch sieht ein gut ausgeleuchtetes Bild auch schärfer aus, als ein unterbelichtetes. Will man eine Lowlight Situation (Bar, Nacht) erzeugen, ist es besser dies durch eine höhere Blendenzahl und Postproduktion zu erhalten. Beim Dreh mit dem Licht zu sparen bewirkt nur eine gewisse Unschärfe und Rauschen
Um ein Objekt oder den Schauspieler aus der Unschärfe hervorzuheben, empfiehlt es sich, mit viel Spitzlicht und Licht von hinten zu arbeiten. Man darf auch den Hintergrund nicht vernachlässigen, da das Licht natürlich in der Weite abnimmt.

6. Die Schärfe

Die üblichste Methode um die Schärfeebene zu messen ist das Maßband. Am Objektiv stehen Meter oder Inch Angaben, an die man sich halten kann, wenn das Auflagemaß des 35mm Adapters exakt stimmt. Natürlich kann man auch auf dem meist 3" kleinen Vorschaumonitor des Camcorders die Schärfe kontrollieren, aber auf diesem kleinen Monitor wirkt beinahe alles scharf. Eine weitere Methode ist die optische Schärfekontrolle durch den Siemensstern, den man einfach kurz vor der Filmklappe an der gewünschten Schärfeebene ins Bild hält und das Objektiv scharf stellt. Sollte man öfters mit einem 35mm Adapter arbeiten, empfiehlt es sich einen Follow Fokus einzusetzen, da beim Schärfeziehen am Objektiv selbst schnell mal seine Finger am Film zu sehen sind.

7. Bewegtbilder und Dollyfahrten

Mit einem 35mm Adapter und 50mm Objektiv aus der Hand zu filmen ist fast unmöglich (wenn man halbwegs ruhige Bilder erzeugen möchte). Für Experimentalfilm gelten natürlich immer andere Regeln. Filmt man noch dazu bei offener Blende, erfordert das ständige Scharfstellen eines nahen bewegten Objektes (0,5 - 3 Meter entfernt) extrem viel Erfahrung mit dem Adapter - wenn man bedenkt, dass ein sehr nahes Objekt bei offener Blende nur wenige Millimeter Schärfeebene besitzt. Eine Lösung die wirlich gut funktioniert ist der Dolly. Wenn man sich die Mühe macht, und jede Einstellung mit dem Schauspieler durchchoreografiert und Markierungen am Follow Fokus setzt, lohnt sich der Aufwand.

8. Fehlerquellen / Tips

F: Mein Bild hat an den Seiten des Bildrandes rotblaue Farbverschiebungen.
A: Da man mit seinem Camcorder das Bild sehr weitwinkelig von der Mattscheibe abfilmt, tritt eine chromatische Aberration auf. Um dies zu verhindern benötigt man einen Achromat, der zwischen Camcorder und Mattscheibe geschraubt wird.

F: Mein Bild wackelt (bei oszillierenden Mattscheiben)
A: Der Shutterspeed ist zu hoch (über 1/100s). 1/50s ist optimal. Den Imagestabilizer abschalten.

F: Brauche ich einen speziellen Camcorder, um mit einem 35mm Adapter zu arbeiten?
A: Jein. Der Camcorder sollte komplett manuell einstellbar sein (Fokus, Blende, Shutterspeed, Weißabgleich, Gain), um ernsthaft damit arbeiten zu können. Rein technisch gesehen könnte man aber auch mit einem Handy oder einer Digicam mit einem 35mm Adapter drehen.