Bewegung

Animation:
lat. animare: zum Leben erwecken

Animationen basieren auf einem Prinzip des menschlichen Sehvermögens. Wenn eine Serie ähnlicher, unbewegter Bilder schnell hintereinander abgespielt wird, fasst das Gehirn diese als kontinuierliche Bewegung auf. Somit ist der Begriff wissenschaftlich erklärt, die bewegten Objekte "leben" dadurch noch lange nicht. Viele Computerprogramme stellen verschiedene Animationstechniken zur Verfügung, die dazu verwendet werden können, Objekte zu "verlebendigen". Animation ist aber mehr als das Bedienen der Animationstechniken und somit mehr als nur die Summe einzelner Standbilder. So wie Form und Farbe wird Bewegung als Grundgröße der visuellen Wahrnehmung eingestuft. Allgemeingültige gestalterische Aspekte - die Animationsprinzipien - sind vom Anbeginn der Bewegten Bilder formuliert und weiterentwickelt worden.

Illusion der Bewegung

Bewegte Bilder auf der Kinoleinwand, im Fernsehen, am Computer oder am Handy suggerieren durch schnelles Austauschen von Einzelbildern den Eindruck einer Bewegung. Dabei wird eine Schwäche des menschlichen Wahrnehmungsapparates ausgenutzt. Das Auge besitzt eine gewisse Trägheit. Die Lichtsinneszellen der Netzhaut können Einzelbilder mit einer Wiederholungsfrequenz von mehr als etwa 20 Bildern pro Sekunde nicht mehr getrennt wahrnehmen. Bei ähnlichen Einzelbildern interpretiert das Gehirn die Veränderung des Gesehenen als Bewegung.
Durch die Trägheit des Auges wird ein visueller Reiz nach seinem Ausbleiben noch Sekundenbruchteile lang wahrgenommen. Diese Nachleuchtdauer wird als Persistenz bezeichnet. Dieser Sachverhalt ist auch als " Persistence of vision" (Trägheit des Auges) bekannt und bildet die Grundlage für die Präkinematischen Apparate und somit für alle bewegten Bilder, die wir täglich konsumieren. Bereits 1825 wurde ein optisches Spielzeug - das Thaumatrop - entwickelt. Dabei handelt es sich um eine Scheibe mit zwei komplementären Bildern auf jeder Seite (z. B. ein Vogel und ein Käfig). Die Scheibe ist an zwei Schnüren befestigt, an denen sie gedreht wird. Ab einer gewissen Geschwindigkeit verschmelzen beide Darstellungen aufgrund der "Persistence of Vision" zu einem Bild.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts haben Physiker und Psychologen die Illusion der Bewegung wissenschaftlich erklärt. Um 1824 erklärt Peter Mark Roget (1779-1869) in einem Vortrag für die Royal Society in London eine seltsame Erscheinung:
"Blickt man durch einen Zaun hindurch, hinter dem gerade ein Wagen vorbei fährt, nimmt man die Speichen der Räder in merkwürdiger Weise gekrümmt und verändert wahr. Räder und Speichen scheinen sich nicht zu drehen. Dies erklärt sich daraus, dass die einzelnen Punkte der Speichen, die durch den Spalt des Zaunes nacheinander sichtbar sind, nur einen kurzen Moment gesehen werden und darum jeder dieser Punkte für sich allein den Eindruck der Ruhe erweckt. Hier handelt es sich um eine stroboskopische Erscheinung, die durch die Persistence of Vision Unterstützung erfährt."

Persistence of vision (Trägheit des Auges)
Durch die Trägheit des Auges wird ein visueller Reiz nach dem Ausbleiben noch Sekundenbruchteile lang wahrgenommen. Durch dieses Nachleuchten des wahrgenommenen Reizes interpretiert das menschliche Gehirn bei einer Abfolge von ähnlichen Einzelbildern ab einer gewissen Geschwindigkeit (ca. 12 fps) die Veränderung des Gesehenen als Bewegung.

Entscheidende Erkenntnisse zur Wahrnehmung von Bewegung liefert Michael Faraday (1791-1867). Seine Arbeiten bilden die Grundlage für die Erfindung des sogenannten Lebensrades. Er entwickelte um 1830 die Faradaysche Scheibe und formulierte damit den Stroboskopischen Effekt.

Stroboskopischer Effekt:
(griechisch: strobos = Drehen; skopein = betrachten)
Ein optischer Effekt, der die menschliche Wahrnehmung betrifft: Räumlich getrennte, zeitlich aufeinander folgende Bilder empfindet der Betrachter als zusammengehörig, wenn sie unter bestimmten Voraussetzungen vorgeführt werden. Vom Physiker Michael Faraday um 1830 formuliert.

Schematische Darstellung:
Faradaysche Scheibe von Michael Faraday, England 1831:

Eine flache Scheibe mit einer Einkerbung wird schnell gedreht. Der Betrachter blickt durch die Einkerbung hindurch. Die dahinter liegende Szene wird etwas dunkler aber trotzdem wahrgenommen.

mehr zu Präkinematische Apparate: Geschichte der Animation

Stroboskopische Täuschung

Der Stroboskopische Effekt an sich ist bereits eine Täuschung. In speziellen Situationen kommen noch zusätzliche Effekte dazu. So drehen sich z.B. Kutschräder im Westernfilm plötzlich nicht bzw. rückwärts. Solche Phänomene sind als Stroboskopische Täuschung einzustufen.

Wie eine solche Täuschung zustande kommen kann, soll das folgende Beispiel zeigen:
Je nachdem, mit welcher Frequenz die Einzelbilder eines bewegten Speichenrades aufgenommen werden, können generell folgende Eindrücke entstehen:

  • das Rad dreht sich optisch korrekt
  • eine langsamere bzw. schnellere Vorwärtsbewegung ist erkennbar
  • eine langsamere bzw. schnellere Gegenbewegung ist erkennbar
  • das Rad steht still

In der rechten Sequenz wird ein Zahnrad immer dann aufgezeichnet, wenn es sich um exakt 5 Grad im Uhrzeigersinn gedreht hat. In der Animation dreht sich das Zahnrad im Uhrzeigersinn. In der linken Sequenz dreht sich das Rad 4x so schnell. Das entspricht einer Drehung von 20 Grad. Trotzdem entsteht der Eindruck in der Animation, dass sich das Rad mit halber Geschwindigkeit gegen den Uhrzeigersinn dreht und die Zähne still stehen

Warum bewegen sich die Zähne nicht?
Das Zahnrad hat 36 Zähne, alle 10 Grad einen. Bei einer Rotation von 20 Grad entsteht der Eindruck eines Stillstandes.

Warum dreht sich das Zahnrad mit halber Geschwindigkeit in die Gegenrichtung?
Das dargestellte Zahnrad besitzt 12 Speichen, mit einem Abstand von 30 Grad. Eine Drehung um 20 Grad im Uhrzeigersinn lässt sich anhand von Einzelbildern nicht mehr von einer Drehung um 10 Grad entgegen des Uhrzeigersinns unterscheiden. Das Gehirn tendiert dazu, die kleinere Änderung wahrzunehmen. Das Zahnrad dreht sich als optisch gegen den Uhrzeigersinn mit halber Geschwindigkeit.

Beispiel für Stroboskopische Täuschung | mov | 1.568 KB

 


Dreht sich das Zahnrad gerade so schnell, dass die Filmkamera immer dann ein Bild aufnimmt, wenn die Speichen des Rades die gleiche Stellung einnehmen (30°, 60°, 90°, ...), wie bei dem Einzelbild zuvor, steht das Rad optisch still. Dreht sich das Rad hingegen schneller, ist eine sehr langsame Vorwärtsbewegung erkennbar. Bei einer langsameren Bewegung entsteht der Eindruck einer Rückwärtsbewegung.
Stroboskopische Täuschungen lassen sich auch außerhalb von Film und Fernsehen beobachten. Wenn sich ein Rad mit Speichen hinter horizontalen Streben ( Lattenzaun) bewegt, wird nur in regelmäßigen zeitlichen Abständen der Blick auf das Rad ermöglicht, sodass eine stroboskopische Täuschung auftreten kann.

Ergänzende und vertiefende Module