Allgemeines zum Oszillator

Das Prinzip eines Klanges beruht darauf, dass die Luft in rhythmische Schwingungen versetzt wird und diese Schwingungen irgendwann auf etwas stoßen, was diese Schwingungen in für uns wahrnehmbare Ereignisse übersetzt – ein Membran, wie das Trommelfell.
Für die synthetische Klangerzeugung benötigen wir einen „Auslöser“ dieser nicht vorhandenen Schwingungen. Im Falle eines (analogen) Synthesizers übernimmt das die elektrische Spannung und zwar in der Gestalt, dass ein bestimmtes elektronisches Bauteil bei angelegter Versorgungsspannung „oszilliert“ – Der Oszillator.

Bei einem Synthesizer spricht man von einem „Voltage Controlled Oszillator“, kurz dem VCO. Der Strom lädt einen Kondensator mit einer bestimmten Geschwindigkeit auf. Zwischen den zwei Elektroden des Kondensators wächst dadurch eine Spannung an. Erreicht diese Spannung einen bestimmten Schwellenwert, wird ein Schalter betätigt, der den Kondensator kurzschließt und somit entleert und das Ganze beginnt wieder von vorne.

Ein Diagramm des Spannungsverlaufs eines Kondensators ähnelt der Darstellung einer Säge. Daher wird die Grundwellenform des Oszillators Sägezahn genannt. Aus dieser Kurvenform werden später sämtliche andere Kurvenformen abgeleitet.

Die Tonhöhe des Oszillators wird nun von einer einzigen Steuerspannung bestimmt. Wenn man über mehr Einflussmöglichkeiten auf die Tonhöhe verfügen möchte, so benötigt man einen so genannten Spannungsmischer – das kann beispielsweise eine Tastatur (das Keyboard), ein Oktave Schalter, eine LFO-Modulation oder ein Feinstimmregler sein. Hier werden die entstehenden Spannungen zueinander addiert und die Summe ergibt die Steuerspannung für die Tonhöhe.

Da uns in der praktischen Anwendung modulare Systeme nur selten zur Verfügung stehen, greift man auf die spezifische Softwareprodukte zurück, die in den letzten 5 Jahren auf den Markt kamen und dank der leistungsfähigen Computerhardware schon zu sehr beeindruckenden Ergebnissen kommen. Ein erfolgreiches Beispiel für Audiosoftware ist "Reaktor" von der deutschen Firma Native Instruments (in der aktuellen Version 4). Die in den folgenden Kapiteln angeführten Beispiele sind großteils damit realisiert.

Abb.: Ein einfacher VCO in Reaktor 4 - schematische Darstellung

Genau genommen dürfte man hier nicht von einem spannungsgesteuerten Oszillator sprechen, da hier keine Spannung anliegt und zur Erzeugung eines Klanges dient. Eher ist die Bezeichnung eines digital gesteuerten Oszillators - "Digital Controlled Oscillator" kurz DCO - zutreffend.

Die Grundwellenform wird durch zwei Parameter bestimmt:

1.
P – Pitch – bestimmt die Tonhöhe der Wellenform, bei analogen modularen Synthesizern wäre diese wie oben erwähnt durch die angelegte Steuerspannung definiert. In unserem, digitalen Verfahren können wir einen konstanten Wert festlegen oder die Tonhöhe durch die Verwendung eines Drehreglers variabel gestalten.

2. A – Amplitude –
Legt die Lautstärke des VCOs fest. Wiederum konstanter Wert oder variabel durch Drehregler.

Der V(D)CO klingt mit den vorgenommenen Einstellungen folgendermaßen:



Hörbeispiel: einfacher VCO

Abb.: Frequenzverlauf des VCOs - typisches Sägezahnmuster

 

Kurvenformen eines Oszillators

Das wesentlichste Merkmal, welches die Charakteristik des Oszillators beschreibt, ist seine Kurvenform. Je nach Typ und Bauart waren auf einem analogen Synthesizer mindestens zwei unterschiedliche Kurvenformen eingebaut. Die einzelnen Kurvenformen unterscheiden sich vor allem durch den Obertongehalt des entstehenden Klanges.

1. Sägezahn (Saw, Sawtooth) Der Sägezahn ist sehr obertonreich, klingt kräftig und hell und je nach Frequenz trompetenähnlich. Bildet die Basis für string- und bläserähnliche Sounds. Enthält die komplette Obertonreihe (gerade und ungerade).
2. Rechteck (Pulse) Ist obertonreich wie der Sägezahn, aber es fehlen die geradzahligen Obertöne. Der Klang ist eher hohl. Die Sonderform des Rechtecks der Pulse klingt bei schmalen Pulswellen zunehmend aggressiv. Kommt v.a. bei Lead-Sounds vor.
3. Dreieck (Triangle) Ist obertonärmer als die beiden ersten Kurvenformen. Bildet meist die Basis für weiche Pad-Sounds. Der Klang erinnert an Flöten.
4. Sinus (Sine) Die Sinusform hat überhaupt keine Obertöne. Klingt sehr rein und bildet die Basis für Bass-Sounds und Synthesizer, die auf FM-Synthese aufbauen.
5. Spaced Saw (Peak) Lässt man die untere Hälfte des Sägezahns weg, so bekommt man eine Wellenform, die etwas spitzer als der volle Sägezahn klingt.
6. Rauschen Es wird kein Ton, sondern Rauschen erzeugt. Synthesizer erzeugen in der Regel "weißes Rauschen".

LFO

Abkürzung für Low Frequency Oscillator oder auf deutsch Niederfrequenz-Oszillator.

Ein LFO erzeugt sehr langsame Schwingungen, geringer als ein Hertz bis in den unteren Audiobereich. Er dient speziell zur periodischen Modulation von Synthesizerparametern, wie z.B. der Tonhöhe (Vibrato). Ein LFO kann in verschiedenen Wellenformen schwingen – Dreieck-, Sägezahn- und Rechteckschwingung. Wird ein LFO auf einen VCO geschalten, so erhält man ein Vibrato. Schaltet man einen LFO auf ein VCA, erzeugt er ein Tremolo.

Die Modulation des VCO durch einen LFO erzeugt unterschiedliche Toncharakteristiken. Wird z.B. die Amplitude durch den LFO moduliert, so entsteht eine Art „wabbernder“ Sound. Die Lautstärke nimmt je nach LFO-Schwingung zu bzw. ab, wie im folgenden Klangbeispiel zu hören.

Der V(D)CO klingt mit den vorgenommenen Einstellungen folgendermaßen:



Hörbeispiel: LFO moduliert Amplitude des VCO

Abb.: Frequenzverlauf des modulierten VCO-Signals.

Abb.: Ein Oszillator wird von einem LFO moduliert; schematischer Aufbau (links, die Schwingung des LFO ist steuerbar (rechts).