Grundprinzip des Keyens

Beim Compositing, dem Übereinanderlagern von mehreren Videoebenen, ist es oft nötig, Teile des Bildes als transparent zu definieren. Zum Freistellen bestimmter Elemente, um sie z.B vor einem anderen Hintergrund zu montieren, gibt es verschiedene Methoden.
Man könnte z.B. im Photoshop für jeden Frame den Hintergrund wegmalen. Diese Methode ist bei einer Imagesequenz natürlich äußerst zeitaufwendig und fehleranfällig. Als zweite Methode bieten sich animierte Splinemasken an, diese müssen jedoch auch meistens für jeden Frame angepasst werden und sind deswegen auch ebenso zeitaufwendig.
Im Regelfall greift man auf das Freistellen durch das Keyen zurück. Dabei wird versucht, eine bestimmte Farbe oder Helligkeit herauszufiltern und diesen Farbbereich als transparent darzustellen. Dies ist natürlich nur dann möglich, wenn die freizustellende Person oder das Objekt vor einem homogenen Hintergrund aufgenommen wurde (z.B. in einer Bluebox).
Das anschließende Keyen erfolgt entweder sofort im Studio (z.B bei einem Virtuellen Studio), oder in der Postproduktion.

unterschiedliche Keymethoden

Luminanz Key (Luminance Key) :

Der Luminanz Keyer nimmt ein RGB Bild und erzeugt intern eine Luminanzversion davon, sozusagen ein monochromes, einkanaliges Graustufenbild. Danach wählt man einen Helligkeitswert aus und alle helleren oder dunkleren Graustufen im Bild werden weggekeyt. Das erzeugt natürlich eine sehr harte Matte (an den Rändern), deshalb bieten die meisten Lumakeyer auch eine Bereichsauswahl, innerhalb der sie weich überblenden können. Ein praktisches Anwendungsbeispiel für die Verwendung des Lumakeys wäre ein sehr hell aufgenommener Gegenstand vor einem dunklen Hintergrund.

Chroma Key (Chrominance Key):

Der Chroma Keyer nimmt ein RGB Bild und erzeugt intern daraus ein HSV Bild (Hue, Saturation, Value oder Farbe, Sättigung, Helligkeit). Der Grund, warum HSV anstatt der Standard RGB Repräsentation verwendet wird, ist, dass der Keyer z.B. zwischen verschiedenen Werten an Farbsättigung unterscheiden muss, was keine RGB, sondern eine HSV Eigenschaft ist.
Als Startwert für den Keyer wird eine bestimmte Farbe ausgewählt, die sozusagen das Zentrum der Chromakeymaske darstellt. Danach können noch verschiedene Toleranzen/Bereiche über Farbsättigungs- oder Helligkeitsbereiche festgelegt werden.

Der Vorteil beim Chromakeyer ist, dass man jede beliebige Farbe als Keyfarbe verwenden kann, und dass über die Beeinflussung der Sättigung und Helligkeit, Farbbereiche ausgewählt werden können, die mehr den natürlichen Abstufungen entsprechen.

Der Nachteil ist in der Regel, dass eine sehr harte Kante entsteht, die stark nachbearbeitet werden muss. Ebenso hat der Chromakeyer Schwächen in semitransparenten Bereichen und ist deshalb auch nur bedingt für Bluescreen-Material geeignet.

Differenz Maske:

Um mit Differenz Maske zu keyen, muss das selbe Motiv zweimal aufgenommen werden. Einmal mit dem Vordergrundmotiv und einmal nur der wegzukeyende Hintergrund (clean plate). Bei einer statischen Kamera muss hierzu mit Stativ aufgenommen werden, exakt gleiche Kamerabewegungen lassen sich nur mit Motion-Control Systemen bewältigen.
Beide Bilder müssen eingeladen werden und der Keyer errechnet aus den unterschiedlichen Bildern die Maske (in dem er versucht, die identischen Bildinhalte zu entfernen).
Das klingt in der Theorie sehr gut, funktioniert leider in der Praxis nur sehr selten, so wie man es sich vorstellt. Aufgrund unterschiedlicher Lichtverhältnisse, Schatten, Filmgrain usw., ist es fast unmöglich, identische Bilder aufzunehmen. Differenz Masken Keys darf man deshalb auch nicht als komplette Lösung sehen, sondern als Hilfsmittel, um z.B. eine Grobmaske zu erstellen.

FarbDifferenz Key (Color Difference Key):

Der FarbDifferenz Key ist die mit Abstand populärste und effektivste der bisher erwähnten Keymethoden für Green- oder Bluescreenaufnahmen, wegen seiner sehr guten Kantenqualität und guten Eignung für Semi-Transparenzen.
Beim Color Difference Key handelt es sich genau genommen um eine Kombination aus Keying, Farbkorrektur und Bildkombination. Man bestimmt dabei neben einem mittleren Farbwert auch eine Abweichung von diesem Wert. Die Farbdifferencemethode funktioniert am besten, wenn eine der Grundfarben (Rot, Grün oder Blau) als Hintergrundfarbe verwendet wird. Falls die Hintergrundfarbe eine Mischfarbe ist, sind Chromakeyer oft die bessere Wahl.

Spezialisierte Keyingsoftware

Neben den erwähnten Standardkeyern gibt es spezielle Softwarepakete. Mit diesen Programmen lassen sich in der Regel wesentlich bessere Resultate erzielen, da sie speziell nur fürs Keyen programmiert wurden. Neben dem eigentlichen Keyen zum Erzielen einer sauberen Maske sind die wichtigsten Funktionen, wie Farbkorrektur, Kantenbearbeitung und Spillunterdrückung, meistens schon mit implementiert. Diese Keyer werden meistens als Plugin für die gängigen Compositingprogramme angeboten, es gibt sie jedoch oft auch als Standalone Lösung.

Einer der bekanntesten spezialisierten Keyer ist "Ultimatte". Ultimatte beruht auf dem FarbDifferenzKey, ist jedoch eine stark weiterentwickelte Variante davon. Ein ebenso gebräuchlicher Keyer ist "Primatte". Diese Software ist im Prinzip ein weiterentwickelter Chromakeyer, der es ermöglicht, eine große Anzahl an verschiedenen Chromawerten zum Keyen auszuwählen. "Keylight" von the Foundry ist auch ein auf Blue- und Greenscreen spezialisierter Keyer, der auf dem FarbDiffernzKey beruht und umfangreiche Funktionen zur Bildbearbeitung schon miteingebaut hat.

Keyingvorgang

Der Keyingvorgang kann entweder in Echtzeit über spezielle Hardware (analog oder digital) erfolgen, oder wird in einem Schnitt- oder Compositingprogramm in der Software (digital) durchgeführt. Ein Softwarekey erfolgt selten in Echtzeit, sondern muss in der Regel erst berechnet werden. Jedoch bieten die Softwarekeyer oft mehr Einstellmöglichkeiten und sie sind natürlich günstiger in der Anschaffung.

Keying in Echtzeit (im Studio)

Beim Keying in Echtzeit läuft das digitale oder analoge Videosignal durch einen Videomischer mit integriertem Keyer, oder durch einen spezialisierten Keyer. Bei den klassischen analogen Videomischpulten findet man am Ehesten einen integrierten Luma- oder Chromakeyer. Hier werden schon im Mischpult die beiden Videospuren nach dem Keyen miteinander kombiniert. In moderneren digitalen Studios findet man häufig spezielle Keyinghardware, zum Beispiel von Ultimatte oder Primatte. Diese unterscheiden sich in den verwendeten Algorithmen kaum von ihren Software-Pendants, bieten jedoch alle Funktionen in Echtzeit an und haben eine physikalische Bedienungsoberfläche. Diese Art von Keyer kann auch einen eigenen Maskenkanal als Videosequenz ausgeben.
Hardwarekeyer finden vor allem im Live- und Studioeinsatz Verwendung. Zum Beispiel wenn ein Nachrichtensprecher vor einem blauen Hintergrund aufgenommen und mit einem virtuellen Studio kombiniert wird. Kombiniert mit einer Motioncontrol-Kamera sind hier sogar Kamerafahrten durch das nicht vorhandene Studio möglich.

Fachausdrücke / Techniken beim Keyen

Garbage Matting:

Bei einem unregelmäßigen Hintergrund, oder bei störenden Gegenständen im Bild, die auch aus dem Bild entfernt werden sollen, empfiehlt es sich, den zu keyenden Bereich mittels einer Splinemaske zu minimieren. Diese Maske wird um den eigentlich freizustellenden Bereich gezeichnet, darf sich aber mit diesem nicht überschneiden. Der Keyer kann dann unter Umständen leichter eingestellt und auch schneller berechnet werden.

Rauschunterdrückung / Noise Suppression:

Gerade bei Filmmaterial hat man meistens Körnung und Bildrauschen im Kantenbereich, der durch das Keying gewonnene Maske entsteht. Dieser kann mit speziellen Tools oder mittels Weichzeichnung minimiert werden. Beim Filmmaterial bietet es sich auch an, das Material vor dem Keyen mit einem speziellen Filter zu de-grainen (die Körnung minimieren)

Kantenweichzeichnung / Softedging:

Wenn weiche Kanten benötigt werden, ist es oft hilfreich, die durchs Keying generierte Maske zu bluren. Das bewirkt jedoch auch in jedem Fall ein Erweiterung des Kantenbereiches nach Innen und Außen, was in einigen Fällen der Komposition gut tut, sich jedoch auch störend auswirken kann. Gegebenenfalls muss nach dem Bluren die gesamte Maske verkleinert (shrinking) werden. Eine Kantenweichzeichnung bietet sich vor allem auch dann als Alternative an, wenn der gewählte Keyer nicht so gut mit Transparenzen im Kantenbereich umgehen kann.
Maskenvekleinerung und –vergrößerung /Matte Shrinking und Expanding
Oft ist die fertige Maske etwas zu groß (z.B. sind dunkle Kanten um das freigestellte Objekt), oder auch zu klein (Randdetails sind weggeschnitten). Zur Bearbeitung dieser Probleme bieten die meisten Compositingprogramme oder die Keyer selbst Werkzeuge an. Zum Verkleinern der Maske gibt es oft einen „shrink“ oder „erode“ bezeichneten Parameter und zum Vergrößern „expand“. Man muss jedoch immer bedenken, dass bei der Anwendung solcher Tools auch Details verloren gehen können (z.B. einzelne Haare) und sie deshalb sehr genau eingestellt werden müssen.

Despill:

Unter dem Spill Effekt versteht man, dass das Licht von der Blue/Greenbox reflektiert wird und Teile der Person im Vordergrund blau oder grün färbt. Die Reflexionen sind meist an den Kanten, den Schultern oder den Haaren einer Person sichtbar. Die Aufgabe von guten Keyern ist, diese eingefärbten Elemente nicht wegzukeyen, sondern partiell so farbzukorrigieren, dass sie vor dem neuen Hintergrund nicht mehr auffallen. Einige Keyer bearbeiten das Spill-Problem, indem sie z.B. alle zu starken Grünwerte (bei einem Greenscreendreh) generell absenken. Das kann natürlich zu unerwünschten Farbänderungen im gesamten Bild führen, deshalb können oft Despillbearbeitungen nur auf den Kantenbereich ausgeführt werden. Die verschiedenen Keyer bieten hier durchaus unterschiedliche Methoden zur Bearbeitung des Spillproblems an.