Einführendes

Schwenks, Kamerafahrten und Co gehören nicht erst seit heute zum selbstverständlichen filmästhetischen Vokabular. Ein Establishing Shot wäre ohne Kran heute kaum mehr vorstellbar und wie hätten wir ohne Kamerafahrten gesehen wie „Lola rennt“. Im Folgenden wird beleuchtet, welche Kamerahalterungssysteme wie benutzt werden können und was an Vorbereitung nötig ist.

Stativ

Die einfachste und bekannteste Variante eines Kamerahalterungssystems. Prinzipiell unterscheidet man zwischen Schwenkkopf (auch Fluid- oder Hydrokopf) und dem Stativ selbst. Beide sind bei professionelleren Ausführungen innerhalb der technischen Vorgaben frei kombinierbar.

Die meisten Stativsysteme arbeiten heute mit Kameraplatten (Bodenplatten) mit 3/8Zoll-Schrauben für professionelle Kameras oder ¼ Zoll-Schrauben für semiprofessionelle Kameras. Die Bodenplatte wird dann meist über einen Verriegelungshebel am Stativkopf befestigt. Gute Schwenkköpfe verfügen zusätzlich über eine Einrichtung mit der man einen Gewichtsausgleich (Conterbalance) durchführen kann, was beispielsweise beim Wechsel von einem leichteren auf ein schwereres Objektiv wichtig wird. Der Gewichtsausgleich wird durch Hebel mit denen die Vorspannkraft von Federn verstellt wird und/oder durch horizontales Verschieben der Kameraplatte bewerkstelligt. Erst wenn die Kamera richtig ausbalanciert ist, kann auch die Dämpfung richtig und sinnvoll arbeiten. Diese ist bei professionellen Schwenkköpfen in allen Achsen einstellbar, um zu gewährleisten, dass vom Reißschwenk mit großen, schweren Kameras bis zum langsamen, gefühlvollen Schwenk mit kleinen DV-Kameras nichts dem Zufall überlassen werden muss. Selbstverständlich verfügen solche Stative auch über Wasserwaagen, die teilweise auch beleuchtet sind.

Kamerakran

Ein Kran erlaubt es aus höheren Perspektiven zu drehen als das mit Stativen möglich wäre. Zudem kann man mit Kränen, sofern die Kamera unterseitig montiert wird, das Geschehen direkt unter der Kamera aufnehmen, was ja bei Dollies oder Stativen zur Folge haben würde, dass man die Haltesysteme selbst auch im Bild hat.

KlassischeKamerakräne bestehen in der Regel aus folgenden Komponenten:

 

  • Der Basis, die statisch oder fahrbar sein kann
  • Dem Arm, der die Höhenveränderung ermöglicht
  • Den Gegengewichten, zum Ausgleich zu Kamera und ggf. Kameramann/frau
  • DemLeveling-Arm, der dafür sorgt, dass der Schwenkkopf bei Höhenveränderungen denWinkel beibehält

 

Es gibt Kranlösungen, bei denen der Operator selbst mit auf der Plattform sitzt und solche, bei denen die Kamera auf einem sogenannten Remote-Head sitzt und ferngesteuert wird indem der Bildausschnitt über einen Monitor kontrolliert wird.

Dolly- und Schienensysteme

Dies ist eine vielbenutzte Methode um Kamerafahrten zu realisieren. Ein Wagen (der sog.Dolly), auf dem sich Kamera und im besten Fall auch der Kameramann selbst befinden, wird (in der Regel) auf Schienen geführt um das Motiv verfolgen zu können oder einfach filmsprachliche Akzente mit einer Kamerafahrt zu setzen. Es gibt auch Lösungen, bei denen der Operator nebenherläuft. Das macht es ihm aber extrem schwierig, den Bildausschnitt nachzuführen. Grundsätzlich ist die Kamerafahrt mittels Dolly, eine sehr zeitaufwändige und mitunter auch teure Angelegenheit, da die Schienen verlegt und genauestens ausgerichtet werden müssen. Die Ergebnisse sprechen aber für sich.

Verschiedene Arten von Dollys:

Der Western-Dolly:

Dies ist die einfachste Variante, sie besteht aus vier Pneus, die eine Plattform tragen, auf der ein Euromount montiert ist. Zwei der Reifen sind fest, die anderen beiden können mittels einer Lenkstange, mit der der Dolly auch gezogen bzw. geschoben wird, wie bei einem Auto bewegt werden. Die Kamera wird in der gewünschten Höhe auf dem Euromount befestigt, der Kameramann und der Assistent stehen in der Regel auf der Plattform.

Dieser Dolly eignet sich vor allem für Fahrten auf ohnehin ebenem Untergrund mit nur leichten Unebenheiten und wird wegen seiner Unkompliziertheit geschätzt. Allerdings werden Westerndollys nur noch selten verwendet.

 

Der Scherendolly:

Diese Variante wird vor allem in nordamerikanischen Produktionen eingesetzt. Er ist mit verschiedener Bereifung sowohl auf Schienen wie auch ohne einsetzbar und zeichnet sich durch ein scherenartiges hydraulisches Hubsystem aus. Der Dolly Grip (Kamerabühnenmann) bedient dieses mittels eines Ventils. Die Vorteile sind die enorme Geschwindigkeit der Hubvorrichtung, die Unabhängigkeit vom Stromnetz und der maximale Höhenunterschied. Nachteilig sind seine Sperrigkeit und sein Gewicht.

 

Der Hubsäulendolly:

Dies ist die verbreitetste Variante in Europa. Er hat eine quadratische Grundfläche und eine elektrische Teleskop-Hubsäule in der Mitte. Die Räder sind einzeln zwischen fixiert, lenkbar und frei umschaltbar.Er kann ebenfalls auf Schienen oder auf ebenem Untergrund eingesetzt werden. Im Unterschied zum Scherendolly kann für den Kameramann ein Sitz an der Säule befestigt werden, so dass dieser bei Höhenänderungen mitfährt. Die elektrische Steuerung ermöglicht punktgenaue Programmierung von vertikalen Fahrten.

Der geringere maximale Hub gegenüber dem Scherendolly kann durch einen sog. Jib-Arm ausgeglichen werden, eine Art Mini-Kamerakran, der auf den Dolly aufgebaut wird.

 

Steadicam

Durch eine Art Weste wird beim Steadicam-System das Gewicht der Kamera auf die Hüfte des Kameramanns verlagert, ein abefederter Stativarm dämpft die Bewegungen der Kamera, wodurch eine Ruhe des Bildes erreicht wird, die den viel komplizierteren und teureren Schienen- und Dollyaufnahmen vergleichbar ist. Ein Videomonitor macht den Kameramann vom Bildsucher unabhängig und verbessert so die Kontrolle bei der Geh-Aufnahme mit der Steadicam.

Entwickelt wurde die Steadicam anfang der Siebziger Jahre von Garret Brown zusammen mit Cinema Products Inc. Hinsichtlich des ökonomischen Werts eine große Errungenschaft, da das Schienenverlegen für Kamerafahrten (eine zeitaufwändige Tätigkeit) oftmals eingespart werden kann.

Louma

Mitte der Siebziger entwickelten die Franzosen Jean-Marie Lavalon und Alain Masseron diese Konstruktion. Ein leichter Kran, etwa wie ein Mikrofon-Galgen, durch den die Vorteile der damals aufkommenden leichteren Kameras voll ausgenützt werden können. Der Louma wird präzise durch Servomotoren gesteuert und ermöglicht so Kamerabewegungen in Positionen, die bis dahin unzugänglich waren. Auch die direkte Anwesenheit des Kameramanns wird durch einen Monitor unnötig.

Kenworthy-Schnorchel

So wie Systeme wie der Louma die Kamera vom Gewicht des Kameramanns befreien, befreit der Kenworthy-Schnorchel die Optik vom Gewicht der Kamera. Er ist eine Art Periskop, der es erlaubt, beispielsweise die Linse bis zu 2,5 cm über dem Boden fahren zu lassen.

Sky-Cam

Ebenfalls entwickelt von Garret Brown. Bei diesem System ist eine Kamera mit über vier Rollen geführten Drähten an vier Masten aufgehängt, die an vier Ecken des Drehortes aufgestellt sind. Der Kameramann sitzt außerhalb, er sieht das Geschehen über einen Monitor und kontrolliert die Bewegung mit Steuerelementen, die über entsprechende Computerprogramme mit dem Kabelsystem der Kameraaufhängung gekoppelt sind.