Vorbemerkung

Bei reaktiven Animationen handelt es sich um eine Anzahl von unterschiedlichen Animationstechniken, die Animationsparameter miteinander verknüpfen. Hier reagieren ein oder mehrere Werte auf einen animierten Parameter. Wie mit einer virtuellen Fernbedienung werden mehrere Objekte, Texturen oder Lichter gesteuert. Das Vorbild ist wie meist die reale Welt. Wenn ein Knopf auf der Fernsteuerung betätigt wird, wechselt der Fernseher zu einem anderen Programm. Durch weitere Verknüpfungen werden sehr komplexe Animationen betätigt. Besonders bei der Charakteranimation werden viele reaktive Animationen eingesetzt.

Direkte Verknüpfung

Eine direkte Verknüpfung ist eine einfache Verknüpfung von zwei Werten. Ein Rotationswert wird z.B. direkt an einen oder mehrere Rotationswerte weitergegeben.

Direkte Verknüpfung in Maya:
Der Rotationswert des Vorderreifens wird mit dem Rotationswert des Hinterreifens verknüpft. Wird der Vorderreifen animiert, dreht sich der hintere Reifen mit. Im links dargestellten Connection Editor (Maya) werden generell Attribute verknüpft.

Direkte Verknüpfung in einem 2D-Animationsprogramm / Adobe After Effects:
Der Rotationswert der Ebene "reifenback" wird mit dem Rotationswert der Ebene "reifenfront" direkt verknüpft.

Bei diesen zwei Zahnrädern ist eine direkte Verknüpfung nicht möglich. Eine einfache Expression kann dabei helfen:

zahnradRot.rotationY= -zahnradGrau.rotationY;

Das graue Zahnrad wird animiert (GraphEditor). Das rote Zahnrad dreht sich reaktiv in die Gegenrichtung. Im Hypergraph ist die Verknüpfung dargestellt.

Komplexe Verknüpfungen / Driver and Driven

In sehr vielen Fällen müssen Verknüpfungen für die Animation adaptiert werden. Im Gegensatz zu einer "direct Connection" können Werte auch so verknüpft werden, dass der zu steuernde Wert über eine Interpretation mit dem Steuerregler verbunden ist. So kann z.B. ein Wert zwischen 0 und 1 einen Rotationswert zwischen 0 und 360 steuern oder eine Farbe von blau auf rot ändern.
Allgemeine Vorgehensweise bei komplex verknüpften Animationsparametern:

  • Erstellung eines neuen Attributes
  • Erstellung einer Interpretation zwischen dem Steuerregler und dem zu steuernden Wert.

Generell sind folgende Attribute möglich:

Data Type Beschreibung
Vector 3 Werte für x, y, z. oder u, v, w
Integer Ganzzahlen
String Kann Text und Zahlen kombinieren
Float Gleitkommazahlen
Boolean Definiert zwei Zustände: on/off, true/false.
enumerated values Eine Liste von erlaubten Werten (Texte und Zahlen).
arrays, matrices Listen und Matrizen

In 3dsMax werden diese Verknüpfungen Wire Parameter genannt. In Maya steuern Driver (Steuerregler) und Driven (zu steuernde Attribute) komplexe Verknüpfungen.
An dieser Stelle soll der Vergleich zwischen SetKey (einen einfachen Keyframe setzen) und SetDrivenKey in dem Programm Maya komplexe Verknüpfungen erklären.

SetKey:
Diese Technik setzt für ein Attribut zu einem gewissen Zeitpunkt einen Keyframe. Für eine Animation müssen mindestens 2 Werte zu unterschiedlichen Zeitpunkten gesetzt werden. Die Zwischenwerte werden je nach Interpolation berechnet.

SetDrivenKey:
SetDrivenKey ist in Maya eine Technik, bei der Animationswerte eines bestimmten Objektes von anderen Animationswerten gesteuert werden. Ist ein Driven Key definiert, wird der Wert eines Attributes mit dem Wert eines anderen Attributes verknüpft. Dadurch entsteht eine komplexe Verknüpfung von einem Driver – (der steuert) und einem Driven (der gesteuert wird). Wird der Driver geändert, werden automatisch die Werte im Driven je nach Verknüpfungsart geändert. Dadurch erübrigt sich das manuelle Setzen der Keyframes für den Driven. Ist die Verknüpfung zwischen Driver und Driven einmal gesetzt, wird ausschließlich der Driver animiert. Ein Driver kann unendlich viele Attribute steuern und somit den Animationsprozess entscheidend vereinfachen. Diese Technik wird besonders häufig bei Charakteranimation eingesetzt.

Die Kurve "S" (Steuerung) wird mit 3 Steuerungen (Attributen) ausgestattet:
Power: DataType: Boolean | Wert : on/off
FM: DataType: Float | Werte: 88-108
Design: DataType: Enumerated Value| definierte Werte: Rot, Gruen, Blau
In der ChanelBox sind die Werte aufgelistet und animierbar.

(a) das Attribut "FM" steuert die Rotation des Sendersuchers und die Translation des Zeigers in der Anzeige.
(b) Der Zeiger in der Anzeige und der Sendersucher bei einer Einstellung von 88.8 FM.
(c) Durch das Attribut Power (on/off) wird die Translation des Einschaltknopfes, die Helligkeit des Anzeigenmaterials und ein Glow-Effect des Materials gesteuert.
(d) Das Attribut Design steuert die Lichtfarbe.


Tuner mit Driven-Keys

Animationsbeschränkung / Constrain

Animationsbeschränkungen, auch Constrain genannt, automatisieren Animationsprozesse. Diese können dazu verwendet werden, Position, Rotation oder Skalierung eines Objektes über eine Bindung zu einem oder mehreren Objekten zu steuern. Für eine Beschränkung sind ein Objekt und mindestens ein Zielobjekt erforderlich. Durch das Ziel ergeben sich bestimmte Grenzen für das beschränkte Objekt.

Ein typisches Beispiel für eine Beschränkung ist ein zielgerichtetes Licht, oder eine zielgerichtete Kamera. Eine zielgerichtete Kamera muss vordergründig nicht animiert werden, ist aber für spezielle Animationen sehr hilfreich.
Eine zielgerichtete Kamera besteht aus einer Kamera und einem Zielobjekt, auch Target oder Center of Interesst genannt. Die Kamera orientiert sich immer am Zielobjekt, egal ob das Target oder die Kamera bewegt wird. Die Beschränkung bezieht sich auf die Rotationswerte der Kamera.

Zielgerichtete animierte Kamera | swf | 42 kb

Die wichtigsten Animationsbeschränkungen:

Point Constrain
(Positionsbeschränkung)

Positioniert ein Objekt exakt an der Stelle des Zielobjektes (Target).
Aim Constrain
(LookAt-Beschränkung)
Führt dazu, dass ein Objekt immer in Richtung des Zielobjektes blickt.
Orient Constrain
(Ausrichtungsbeschränkung)
Führt dazu, dass die Rotation des beschränkten Objektes der Rotation des Zielobjektes folgt.
Scale Constrain Knüpft die Skalierung an das Zielobjekt an.
Parent Constrain
(Verknüpfungsbeschränkung)
Verknüpft bzw." Parent" (unterordnen) das Objekt mit mehreren Zielobjekten. Dadurch kann Abhängikgeit animiert werden.
Geometrie Constrain
(Oberflächenbeschränkung)
Beschränkt die Position eines Objektes entlang der Oberfläche eines anderen Objektes.
Normal Constrain Hängt die Position eines Objektes an eine Flächennormale eines anderen Objektes an.
Motion Path
(Pfad-Animation, Pfadbeschränkung)
Beschränkt die Bewegung eines Objektes auf einen Pfad.
Tangent Constrain Hängt eine Nurbs-Kurve an die Tangenten einer Ziel-Kurve an.

Häufige Einsatzmöglichkeiten für Beschränkungen:

  • Ein Objekt kann für einen bestimmten Zeitraum mit einem anderen Objekt verknüpft werden (z. B.: die Hand einer Figur, die einen Gegenstand hochhebt).
  • Die Position oder Rotation eines Objektes kann mit einem oder mehreren Objekten verknüpft werden. (z.B.: zielgerichtete Kamera bzw. Lichtquelle)
  • Die Position eines Objektes zwischen zwei oder mehreren Objekten kann beibehalten werden.
  • Die Bewegung eines Objektes kann auf einen Pfad beschränkt werden.
  • Die Bewegung eines Objektes kann auf eine Oberfläche beschränkt werden.
  • Ein Objekt kann so bearbeitet werden, dass es immer auf den Drehpunkt eines anderen Objektes zeigt.
  • Steuern der Blickrichtung der Augen einer Figur.
  • Steuern der Ausrichtung einer Inversen Kinematik (Pole-Vector).


Aim Constrain: Die Bäume sind mit einem Aim Constrain ausgestattet. Das Auto (Target) wird animiert.


Pfadbeschränkung und Positionsbeschränkung: Der Greifarm folgt einem Pfad. Der blaue Ball ist während der Pfadanimation auf den Greifarm positionseingeschränkt. Wird der Ball abgeworfen, wirkt ein Gravitationsfeld.

Greifarm mit Spirale | mov | 2.659 kb

Parent Constrain:
Der Locator und das Schiff sind animiert. Der Helikopter ist dem Lokator und dem Schiff mit Parent Constrain zugeordnet. Durch das Ändern des Parameters Locator Wight (Locator1W0) kann der Helikopter am Schiff landen.


Normal-Constrain:
Durch Normal-Constrain ist die Position und die Rotation des Autos auf die Normale ausgerichtet. Geometrie-Constrain bindet das Auto auf eine Fläche.

li.: Die Rotation des Buchstaben "t" steuert die Rotation weiterer Buchstaben (Orient-Constrain).
re.: Die Skalierwerte der grauen Buchstaben sind mit den Skaliewerten des roten Buchstaben verknüpft (Scale - Constrain).

Expressions

Expressions („Ausdrücke") sind mathematische Gleichungen, einfache Verbindungen oder komplexe Scripts die für Animationen eingesetzt werden. Sie steuern komplexe Animationsabläufe für Geometrien, Texturen, Lichter oder Partikelsysteme.

Expressions in der 3D-Computeranimation

Ergänzende und vertiefende Module