Digitale Schallaufzeichnung

Obwohl weiterhin v.a. in Expertenkreisen Uneinigkeit über die Vor- und Nachteile von analoger und digitaler Technik besteht, werden nach wie vor etwa in Spezialbereichen analoge Verfahren eingesetzt. Die Digitaltechnik hat sich in den letzten Jahren enorm entwickelt und die analogen Techniken weitgehend abgelöst.

Digitale Schallspeicherung erfolgt durch
- DAT mit AD/DA Wandler
- Hard-Disk-Recording

Grundprinzipien digitaler Aufzeichnungsverfahren

Jedes Schallereignis, wie es in der Natur vorkommt, ist zunächst analog. Wie in vorherigen Abschnitten erwähnt, wird es beschrieben durch Amplitude, Frequenz und Periodendauer. Um analoge in digitale Signale zu transformieren, ist eine sogenannte "Analog/Digital-Wandlung" nötig. Diese Wandlung vollzieht sich in 2 Stufen:

1. Abtastung des analogen Signals im Zeitbereich
2. Quantisierung des Signals im Wertbereich.

Man spricht dann davon, dass ein digitales Schallsignal sowohl zeit- als auch wertdiskret ist. Das bedeutet, dass digitale Signale nur zu exakt definierten Zeitpunkten vorherrschen und ihre Amplitudenwerte sind Teil einer definierten (endlichen) Menge. Wie bei jeder anderen Digitalisierung von (analogen) Daten sind diese in genau definierte Zahlenwerte umgewandelt worden und damit ist die Grundlage für alle weiteren (digitalen) Manipulationen der Audiodaten gelegt, z.B. Bearbeitung mit digitalen Filtern, Cutting, Sampling, Verarbeitung in Sequenzing-Programmen, etc.

1. Signalabtastung 2. Quantisierung


Abb.: Analoges Signal; zeit- und wertkontinuierlich

Abtastung eines Signals bedeutet, dass zu exakt definierten Zeitpunkten ein Messwert des analogen Signals ermittelt wird. Diesen Messwert bezeichnet man als Abtastwert oder Sample. Ein analoges Signal wird umso genauer durch das entsprechende zeitdiskrete Signal beschrieben, je mehr solcher Messwerte pro Zeitpunkt ermittelt werden und damit je höher die Samplingfrequenz ist. Man bezeichnet diesen Vorgang auch als Puls-Amplituden-Modulation (PAM).


Abb.: amplitudenkontinuierliches, zeitdiskretes Signal nach PAM-Wandlung

Die Dauer zwischen den Messpunkten wird Abtastintervall Ts genannt - diese ist immer konstant.
Der Kehrwert des Abtastintervalls 1/Ts wird als die Samplingfrequenz Fs bezeichnet und dient als ein Qualitätsmerkmal des digitalen Signals.

Nyquist-Theorem (Abtasttheorem)
Für die Rückwandlung des digitalen (zeitdiskreten) Signals in ein analoges Signal zur Wiedergabe gilt es eine Besonderheit zu beachten:
Die Rückwandlung funktioniert nur, wenn der höchste Wert der Frequenz fg des analogen Signals kleiner als die halbe Samplingfrequenz Fs/2 ist. Diese auf den Physiker Nyquist zurückgehende Erkenntnis ist fundamental wichtig für die digitale Aufzeichnung und wird als Nyquist- bzw. Abtasttheorem bezeichnet. Um bei digitaler Signalverarbeitung einen Frequenzgang zu erzielen, der dem hörbaren Frequenzbereich von 10 Hz - 20 kHz entspricht, ist also eine Sampling-Frequenz von mindestens 40 kHz notwendig.

Aus dem Nyquist-Theorem folgt aber gleichzeitig, dass Signale mit einer Frequenz oberhalb der halben Sampling-Frequenz nicht mehr exakt wiederhergestellt werden können. Bei der Rückwandlung der digitalen Informationen in analoge Spannungsverläufe wird der Digital/Analog-Wandler von solchen Anteilen sogar förmlich "getäuscht" und kann Frequenzen im hörbaren Frequenzbereich erzeugen, die ursprünglich gar nicht vorhanden waren. Diese Frequenzen nennt man Alias-Frequenzen und spricht vom Aliasing-Fehler.

Die Quantisierung basiert auf einem Verfahren, welches als Puls-Code-Modulation (PCM) bezeichnet wird. Entwickelt wurde dieses aus der Nachrichtentechnik stammende Verfahren 1938 von A. H. Reeves bei ITT (International Telephone and Telegraph Co.)

Nach der Abtastung im Zeitbereich muss die Amplitude des analogen Signals abgetastet werden, um es in ein Digitales zu wandeln. Dafür wird ein zulässiger Bereich zwischen +Amax und -Amax festgelegt und in eine bestimmte Anzahl von Intervallen zerlegt. Zunächst muss ermittelt werden, in welches der Intervalle der jeweilige Amplitudenwert fällt, danach wird die Nummer des Intervalls als binäres Codewort gespeichert.


Abb.: Digitales Signal; zeit- und wertdiskret nach PCM-Wandlung

Je größer die Anzahl der aufgezeichneten Intervalle ist, desto genauer wird das Signal aufgezeichnet. Die Anzahl der Intervalle bestimmt damit auch die Länge des binären Codes und ist somit eine wichtige Kerngröße für den benötigten Speicherplatz der Aufzeichnung.

Die Quantisierung erfolgt in n Bit, man spricht von n-Bit-Quantisierung.
Die Anzahl der Quantisierungsintervalle q entspricht



24Bit-Quantisierung: 16.777.216 Amplitudenwerte
16Bit-Quantisierung: 65.536 Amplitudenwerte
8Bit-Quantisierung: 256 Amplitudenwerte

Zu Beachten ist dabei, dass der maximal vorgegebene Amplitudenwert vom analogen Signal nicht überschritten werden darf, da sonst störrende digitale Verzerrungen, so genannte Clippings, auftreten.

Digitale Schallaufzeichnung auf Magnetband

Bei der Aufzeichnung digitaler Daten auf Band spricht man von einer linearen Technik, da der Zeitpunkt der Aufnahme in einem linearen Zusammenhang mit einer bestimmten Bandstelle steht, oder besser gesagt: Der zeitliche Ablauf von Aufnahmen ist an das Trägermedium Band geknüpft und kann nachträglich nicht mehr verändert werden (vgl. im Unterschied dazu digitale Schallaufzeichnung auf Hard-Disk).

Die Laufwerkstechnik digitaler Bandmaschinen wurde weitgehend von den analogen Maschinen übernommen. Grundsätzlich unterscheidet man 2 unterschiedliche Typen:

1. Bandmaschinen mit festen Köpfen
2. Bandmaschinen mit rotierenden Köpfen (rotary-head Prinzip)

Die Anforderungen an die Qualität der Aufnahme sind punkto Störgeräusche und Verzerrungen wesentlich geringer als bei analogen Systemen, da im Prinzip nur die beiden Zustände 0 und 1 einwandfrei unterscheidbar sein müssen. Aus diesem Grund kann man bei digitalen Aufzeichnungen die Spurbreite wesentlich geringer halten als bei analogen Techniken, jedoch ist eine viel größere Informationsdichte zu verarbeiten.

Digitale Bandlaufwerke mit festen Köpfen

Digital-Recorder mit feststehenden Köpfen wurden ursprünglich für den Betrieb mit offenen Tonbandspulen entwickelt und sollten die analogen Zweikanal- bzw. Mehrspurenmaschinen im Studiobetrieb ersetzen. Außer den Formaten mit offenen Tonspuren (DASH und Pro-Digi) werden im professionellen Studiobetrieb keine Systeme verwendet. Andere, wie z.B. das 8-Spur-Format von Yamaha oder DCC (Digital Compact Cassette) als Consumer-Format von Philipps, sind gänzlich vom Markt verschwunden.

Das DASH-Format

DASH steht für Digital Audio Stationary Head, die bekanntesten Geräte werden von den Firmen Sony und Studer hergestellt.

Das DASH-Format arbeitet mit 44,1 kHz und 48 kHz Sampling-Frequenz. Die Aufzeichnung erfolgt auf 1/4 bis 1/2 Zoll breiten Magnetbändern, diese kann in normaler oder doppelter Dichte erfolgen.

Die Bandlaufgeschwindigkeit beträgt bei einer Sampling-Frequenz von 48 kHz 19 cm/s bis 76 cm/s. Bei einer niedrigeren Frequenz ist die Bandgeschwindigkeit geringer.


Abb.: Sony PCM-3324s

Auf den digitalen Bandlaufwerken können zwischen 24 und 48 Spuren aufgezeichnet werden.

Die erste Mehrkanalmaschine von Sony verfügte über 24 Spuren (Sony PCM-3324), später wurde auch ein 48 Spurgerät auf den Markt gebracht (Sony PCM-3348). Dieses Gerät konnte jedoch auch 24-Spur-Bänder einer PCM-3324 abspielen.


Von der Firma Studer wurde Anfang der Neunziger Jahre ebenfalls eine 48-Spur-Maschine gebaut, die kompatibel zu den Sony Geräten war.

Studer Webseite


Abb.: Studer D827 Mk II MCH (www.studer.ch)


Pro-Digi-Format

Die Firma Mitsubishi hatte unter dem Namen Pro Digi (PD) ihr eigenes digitales Aufzeichnungsformat entwickelt.

Besonders an diesem Mehrspurformat ist, dass es ein 32-Spur-Format ist und dafür insgesamt 40 digitale Tracks notwendig sind. Auf diesen zusätzlichen Spuren werden Informationsdaten, wie z.B. Fehlerkorrektur, aufgezeichnet.

Dazu kommen noch jeweils zwei Cue- und digitale Hilfsspuren sowie eine Timecode-Spur, was die Anzahl der Spuren auf 45 erhöht. Aufgezeichnet wird im Pro-Digi-Format auf 1 Zoll Bändern.

1991 brachte die japanische Firma Otari die Mehrspurmaschine Otari DTR-900 auf den Markt.

DAT mit AD/DA Wandler

DAT - Digtial Audio Tape

digitales Magnetband, von Sony und Philips entwickeltes Format. DAT war eines der ersten digitalen Aufzeichnungssysteme und kam 1987 auf den Markt. Es arbeitet mit Magnetband Schrägspuraufzeichnung nach dem Prinzip des Videorecorders. Es ermöglicht eine verlustfreie Aufzeichnung digitaler Audio-Daten auf DAT-Bänder, Audio-CDs können verlustfrei "kopiert" werden. Die Bänder bieten Platz für bis zu 3 Stunden Audiomaterial.

Das Datenformat ist linear und CD kompatibel, also nicht datenreduziert, im Unterschied zu DCC-Tapes und Mini-Disk, die beide mit Datenkompression arbeiten. DAT arbeitet mit 3 Sampling-Frequenzen: 48 Khz, 44.1Khz and 32 Khz in 16 Bit. Neben reinen Audiodaten können im DAT-Format Subcodes und Identifikationsdaten, wie z.B. Titelanfang und Programmnummer, gespeichert werden. Innerhalb des Subcode-Datenblocks kann auch ein SMPTE-Timecode aufgezeichnet werden.

DAT hat sich in der Studiotechnik fest etabliert, konnte sich im Consumer Bereich jedoch nicht vollständig durchsetzen.

DAT Bänder

DAT Bänder sind um einiges kleiner als herkömmliche (analoge) Audiocassetten. Die Bandlaufzeit reicht von 15 Minuten bis zu 180 Minuten. Da einige DAT Recorder über eine LongPlay (LP) Funktion verfügen, bedeutet das Aufnahmezeiten von bis zu 3 Stunden. Anbieter sind u.a. Sony, TDK, Maxell, Fuji, JVC.

Abb.: DAT-Band, 90 Minuten Laufzeit

DAT Player/Recorder

DAT Player sind als tragbares oder Studiogerät erhältlich. Da sich DAT wie erwähnt fast ausschließlich in der Studiotechnik durchgesetzt hat, werden die Geräte mit allen wichtigen Studioschnittstellen und teilweise als 19"-Racks angeboten. Von einzelnen Anbietern sind auch Consumergeräte erhältlich, die meisten werden aber nicht mehr hergestellt.


Abb.: DAT-Player von DENON (Consumergerät)



Abb.: Sony PCM-R500 Studiogerät


Rotary-Head-Prinzip

Das Format R-DAT oder Rotary-Digital Audio Tape (in der Praxis immer als DAT bezeichnet) beruht auf dem Laufwerken der Videotechnik. Die Kopftrommel des DAT-Recorders ist mit zwei Köpfen versehen.

Das digitale Schallsignal wird von einer rotierenden Kopftrommel auf einem vergleichsweise langsam bewegten Magnetband aufgezeichnet. Jeder Kopf hat damit nur während einer Viertel-Umdrehung der Kopftrommel Kontakt mit dem Band. Durch die Neigung der Kopftrommel ergeben sich auf dem Band schräge Aufzeichnungsspuren.

Durch den nicht ständigen Kontakt des Kopfes mit dem Band können die Daten auch nicht kontinuierlich aufgezeichnet bzw. wiedergegeben werden. Deshalb werden die Audiodaten in einzelne Blöcke unterteilt und in einen digitalen Zwischenspeicher (Buffer) geladen. Somit wird eine kontinuierliche Verarbeitung und Ausgabe des Signals gewährleistet.

Abb.: Bandlauf eines R-DAT Laufwerk schematisch dargestellt
Die Vorteile dieses Verfahrens liegen darin, dass durch den relativ kurzen Kontakt der Kopftrommel mit dem Band Beschädigungen an diesem verhindert werden und erlaubt gleichzeitig eine hohe Umspulgeschwindigkeit, ohne dass das Band vom Kopf abhebt.

Außerdem können damit auch im Spulbetrieb Identifikationsdaten, wie z.B. Titelanfänge, gelesen werden. Da der Bandzug bei dem Spulprozess sehr gering ist, verlängert sich die Lebensdauer der Kopftrommel.

Abb.: schematische Darstellung einer R-DAT Kopftrommel

Spurüberlagerung bei DAT

Die Spurbreite beträgt beim DAT-Format 13 ?m. Die Spaltbreite der Köpfe ist jedoch etwas größer, wodurch sich die Spuren überdecken. Um die Spuren so eng wie möglich anordnen zu können, werden die Köpfe leicht versetzt angeordnet (+/- 20?). Man spricht dabei vom Azimuthversatz.


Abb.: Spurüberlagerung bei DAT

Hard-Disk-Recording

Die Weiterentwicklung der digitalen Aufnahmetechnik und die Errungenschaften in der Computertechnik haben die Speicherung von Schallsignalen auf handelsüblichen Massenspeichern zu einem wichtigen Speicherverfahren in der Studiotechnik werden lassen. Die Aufzeichnung mehrerer Schallsignale gleichzeitig bzw. nacheinander auf unterschiedlichen Tonspuren, einschließlichen deren Bearbeitung und Wiedergabe, ist schon aus der analogen und digitalen Bandmaschinentechnik bekannt. Charakteristisch für das Disk-Recording ist eine nicht-lineare Aufnahmetechnik sowie eine sogenannte nicht-destruktive Bearbeitung des Soundmaterials.

Das auf der Festplatte des Computers gespeicherte Audiomaterial bleibt während der verschiedenen Bearbeitungsschritte unverändert, anders als bei Bandaufzeichnungen, wo unerwünschte bzw. fehlerhafte Teile herausgeschnitten werden mussten. In der digital auf Festplatte gespeicherten Form kann die Datei im Bearbeitungsprozess beliebig in In- und Out-Points versehen werden, einzelne Teile können beliebig oft wiederholt werden (Loop-Points) und Bearbeitungsschritte können wieder rückgängig gemacht werden. Solange die Audiodatei nicht "überschrieben", d.h. vorgenommene Bearbeitungsschritte werden unter selben Dateinamen und -typ gespeichert, wird, bleibt die Originalaufnahme unverändert.

Da der Speicherbedarf für digitalisierte Audiodaten relativ hoch ist - für 30 Minuten Audiomaterial in stereo, 44,1 kHz Sampling-Frequenz und 16-Bit Quantisierung werden mehr als 300 MB Speicherplatz benötigt - sollte man sich bei der Aufnahme stets Gedanken betreffend Speicherökonomie machen. - Was ist der endgültige Zweck der Aufnahme? Wie gut muss die Aufnahmequalität sein? In diesem Zusammenhang sind Überlegungen zur Datenreduktion - Schlagwort Kompression - von Bedeutung.

Digitale Audio-Workstations (DAW)

DAWs sind Computersystem auf PC oder MAC-Basis, die speziell für den Einsatz als Audiorechner optimiert und ausgestattet sind. Eine idealtypische Audioworkstation besteht aus AD/DA-Wandler, Festplatte(n) und dem Computer. Diese DAW Systeme auf Basis von handelsüblichen Windows-PCs und MAC Rechnern werden zu relativ erschwinglichen Preisen angeboten, sodass auch kleine Studios bzw. ambitionierte Homerecorder in den Genuss eines professionellen Studiosystems gelangen. Marktführer ist bei diesen Systemen die Firma?DigiDesign mit ProTools.

Hardware DAWs

Neben den (üblicheren) DAW-Systemen auf herkömmlichen Betriebssystemen gibt es Hersteller, die eigene Betriebssysteme für ihre Audio-Workstations entwickelt haben. Mittlerweile ist Unterschied in der Geschwindigkeit nicht mehr so groß wie früher einmal. Deswegen haben sich im Studiobetrieb die Hardware DAWs nicht durchgesetzt.

Hardware DAWs werden z.B. von der Firma Fairlight angeboten

Abb.: Fairlight MFX-3.48 (Quelle: http://www.fairlightau.com)

Module, die für die Durchführung vorausgesetzt werden