Additive Synthese

Dieses Verfahren hatte in den Anfangszeiten der elektronischen Musik praktische Bedeutung. Die heute am Markt angebotenen Synthesizer verwenden kaum noch dieses Syntheseverfahren. Als bekanntester Vertreter der Additiven Synthese kann die Hammond Orgel genannt werden.

Die Grundidee bei der Additiven Synthese ist die Überlagerung von Schwingungen verschiedener Frequenzen zur Produktion eines Klanges. Diese Syntheseart baut auf das Fourier-Theorem auf, welches besagt, dass jedes periodische Signal durch eine Addition von Sinuswellen darstellbar ist.
Bei der additiven Synthese geht man von einem harmonischen Signal aus, einem Grundton. Bei natürlichen Instrumenten beispielsweise sind die Obertöne immer geradzahlige Vielfache der Grundfrequenz. D.h. bei einem Grundton von 110 Hz lauten die Obertöne 220 Hz, 330 Hz, 440 Hz usw. Diese Töne bezeichnen wir als harmonisch und das menschliche Gehör ist in der Lage, Obertonspektren zu analysieren und Töne zu erkennen.
Bei der Klangsynthese werden oft auch inharmonische Töne eingesetzt, um Töne zu färben und einen charkateristischen Klang zu verleihen, etwa Töne, die unterhalb des Grundtones liegen, so genannte Subharmonics. In der Natur kommen solche Töne nicht vor.
Das Problem der Additiven Synthese ist, dass es eines mächtigen Aufwands bedarf, um einen Klang zu erzeugen, da im Prinzip jeder Teilton (jede Schwingung) mit einem eigenen Oszillator erzeugt werden muss.


Klangbeispiel: Additiver Synthesizer - NI Reaktor 4
Dieser additive Synthesizer, erstellt in der Software Native Instruments Reaktor 4, besteht aus 3 großen Oszillatorblöcken zu jeweils 4 Oszillatoren, ergibt in Summe 12 Oszillatoren zur Klangerzeugung. Zur Feinabstimmung und Klangjustierung verfügt jeder Block über eine eigene ADSR-Hüllkurve.

Die Klänge von additiven Synthesizern sind orgelähnlich, die Bandbreite ist jedoch groß, da man (v.a. in den digitalen Programmierumgebungen) mit einer Vielzahl von Klangmanipulationen arbeiten kann. Wie schon oben angesprochen, ergibt das Beimischen von unharmonischen Schwingungen ganz spezielle Sounds.

Subtraktive Synthese

Bei der subtraktiven Klangsynthese wird ein vom Oszillator erzeugtes Grundsignal in einer der Grundwellenformen Sinus, Dreieck, Sägezahn erzeugt. Die (obertonreichen) Spektren der Wellenformen werden durch steuerbare Filter verändert und die Amplitude wird mit einem Verstärker variiert.
Das entspricht im Prinzip dem Grundaufbau der meisten (analogen) Synthesizer. Dem zu Folge ist die Subtraktive Synthese die am häufigsten verwendete Syntheseform.


Abb.: einfachste Struktur eines Synthesizers

Meistens wird dieser einfache Aufbau durch zusätzliche LFOs, Filter und Hüllkurven ergänzt, um den Klang lebendiger und variabler zu gestalten.

Wie klingen die einzelnen Wellenformen?

Sägezahn (Sawtooth) Dreieck (Pulse) Rechteck (Triangle) Sinus (Sine)
Heller Klang, sehr obertonreich.
Gut geeignet zur Nachbildung von Streichinstrumenten.
hohler Klang, gut geeignet, um Flächenklänge mehr "Körper" zu geben. nasaler Klang, enthält nur die ungeradzahligen Teiltöne. Eignet sich gut, um flötenähnliche Klänge nach zu empfinden.
dumpfer Klang, der nur aus einem Teilton besteht. Sinustöne kommen in der Natur nicht vor. Der Sinus kann durch Filtern im Klangbild nicht verändert werden.

Vorteil dieser Klangsynthese ist, dass man mit relativ wenig Parametern auskommt. Für die elektronische Musik ist dieses Syntheseverfahren von großer Bedeutung. Viele der in Technobewegung verwendeten Synthesizer basieren auf der Subtraktiven Synthese. Die meisten analogen Synthesizer der Frühzeit (z.B. der berühmte Moog-Synthesizer) greifen auf die subtraktive Synthese zurück.

Bei diesem Beispielsynthesizer wird der Klang von zwei VCO's erzeugt. Wie bei subtraktiven Synthesizern üblich, kann zwischen den Wellenformen umgeschalten werden. Das Signal wird über ein Filtermodul bearbeitet bzw. moduliert und über einen nachgeschalteten Verstärker mit Hüllkurve ausgegeben.

Da dies noch eine eher "rudimentäre" Bauart ist, klingt das Ganze noch nicht so naturalistisch. Durch Ergänzung zusätzlicher Filter etc. kann das Klangbild zusätzlich moduliert werden.
Im folgenden Klangbeispiel hört man die selbe Melodie mit jeweils unterschiedlicher Wellenform.


Abb.: Subtraktiver Synthesizer - NI Reaktor 4

Abb.: Subtraktiver Synthesizer mit zwei VCO's, einem Filtermodul und einem vorgeschalteten LFO.

Wavetable Synthese

Die Wavetable Synthese erweitert die subtraktive Synthese, da zusätzlich zu den einfachen, statischen Grundwellen eine Anzahl weiterer Wellenformen als Ausgangsmaterial für die Klangprogrammierung zur Verfügung gestellt werden. Die zusätzlichen Wellenformen werden in eine Liste – einer sog. Wavetable – gespeichert. Innerhalb dieser Tabelle kann der Oszillator für die Klangerzeugung herumspringen. Je nach Art des Synthesizers ergeben sich verschiedene Möglichkeiten der Klangerzeugung. So können etwa die Wellentabellen komplett durchgefahren werden, was zu Klangveränderungen führt, oder sie werden rückwärts oder teilweise gelooped durchgegangen.

Dieses Syntheseverfahren erlaubt sehr abwechslungsreiche und lebhafte Klänge. Durch die Wavetable Synthese können vielfältige Klangvariationen erzeugt werden, trotzdem blieb diese Syntheseform nur wenig verbreitet.



Abb.: PPG Wave Synthesizer und PPG Wave 2 VST-PlugIn

Abb.: Waldorf Microwave XT



Klangbeispiel: Klang eines Wavetable Synthesizers (PPG Wave).

Die bekanntesten Vertreter dieser Syntheseform sind PPG Wave von Palm Instruments – gibt’s auch als VST-Instrument PPG Wave von Waldorf) und der Waldorf Microwave.


FM-Synthese

Entwickelt wurde die FM-Synthese ursprünglich von Prof. Dr. John Chowning an der Stanford Universität im Jahre 1967. Er erkannte die Grundlagen der Klangformung durch Frequenzmodulation und veröffentlichte seine Ergebnisse 1973. Der japanische Großkonzern Yamaha entwickelte das Konzept weiter und kaufte die Patente an der FM-Synthese.

Bei der Frequenzmodulation wird die Frequenz eines Trägersignals durch die Frequenz eines Modulators gesteuert. Dieses Verfahren erlaubt schon mit wenigen Oszillatoren eine Vielzahl von interessanten Klängen zu erzeugen. Bekannt ist dieses Prinzip aus der Radioübertragung (UKW). Unterhalb der Hörgrenze ist dieser Modulationseffekt als „Vibrato“ bekannt. Liegen aber nun beide Wellen (Träger und Modulator) im hörbaren Bereich, so ergeben sich Änderungen im Obertonspektrum und der Grundfrequenz des Trägersignals.

Bekanntheit erlangte die FM-Synthese durch die Synthesizer von Yamaha in den 80er Jahren. Der Yamaha DX-7 war das prägende Instrument des Synthie-Pops der 80er – Depeche Mode z.B. – und zählt zu den meistverkauften Synthesizern.


Abb.: Yamaha DX-7 Synthesizer

Abb.: VST-Instrument FM7 von Native Instruments - Nachbau des DX-7.


Das digitale Derivat wurde von der Firma Native Instruments unter dem Namen FM-7 als VST-Instrument vor einigen Jahren auf den Markt gebracht.

Granulare Synthese

"All sound is an integration of grains, of elementary sonic particles, of sonic quanta." -Xenakis (1971).

Bei der granularen Synthese wird ein Ausgangssignal in eine Vielzahl von kleinsten, wenige Millisekunden lange Abschnitte unterteilt – sog. Grains. Die einzelnen Abschnitte werden dann in beliebiger Reihenfolge wieder zusammengesetzt. Die Abspielgeschwindigkeit und Tonhöhe sind beliebig und voneinander entkoppelt. Die einzelnen Grains werden aber nicht einfach nacheinander abgespielt, sondern ineinander überblendet, was das ganze feiner und harmonischer klingen lässt.


Abb.: Skizziertes Verfahren der Granularen Synthese
Es werden tausende kleinster (im Millisekundenbereich liegender) Soundpartikel des Ursprungssignales erzeugt - die so genannten Grains. Die Länge bzw. die Charakteristik der Grains ist bestimmbar, durch die Anwendung von Hüllkurven (Attack, Decay) werden die Soundpartikel geformt und lassen bei der linearen "Rekomposition" ein neues Klangbild entstehen.

Die Reihenfolge, wie die einzelnen Teile wieder zusammengesetzt werden, ist wiederum wählbar und beliebig, ebenso die Tonhöhe jedes Grains. Dadurch ergeben sich unendliche Möglichkeiten in der Klanggestaltung.


Klangbeispiel: Klang vor der Modulation


Klangbeispiel: bearbeitet mit Granularer Synthese

Diese Art der Klangmanipulation stammt eigentlich aus der „Musique Concrete“, wo man mit Tonbändern experimentierte. Das Manipulationsverfahren bestand aus Zerschneiden der Bändern in lauter kleine Teile, Verdopplung einzelner Teile, Manipulation der Lautstärke, Veränderung der Geschwindigkeit, Umkehrung von Klängen und der endlosen Bandschleife. Also alles Formen, die in der elektronischen Klangerzeugung in der Granularen Synthese aufgegriffen wurden.

Mit Hilfe der granularen Synthese lassen sich interessante und experimentelle Sounds erzeugen, die in letzter Zeit in der elektronischen Musik sehr populär geworden sind. Software zur Erzeugung von Granularer Synthese gibts von Native Instruments (Reaktor 4) und CSound. Ein kleines, handliches Tool für PC-Plattformen ist GranuLab von Rasmus Ekman, das als Freeware auf der Webseite erhältlich ist. Damit lassen sich ohne großen Rechenaufwand und Kenntnissen der Klangsynthese granulare Sounds erzeugen.

Physical Modeling (PM)

Beim Physical Modeling nimmt man sich die Natur als Vorbild, analysiert die Bestandteile des Klanges und versucht dann diesen bzw. dessen klangbildende Eigenschaften am Computer zu simulieren. Aus diesem virtuellen Abbild (Model) versucht man einen Schwingungsverlauf zu errechnen. Der ganze Vorgang ist sehr rechnungsintensiv und im Grunde genommen genauso wenig zu verwirklichen wie die Additive Synthese. Das Grundproblem liegt wohl darin, dass Musikinstrumente aus verschiedenen Komponenten bestehen, die teils berechenbar und bekannt sind – z.B. Mundstück, Rohr, Saiten, Resonanzkästen und dgl –, aber genauso aus nicht berechenbaren, nichtlinearen Komponenten.

Die wichtigste Methode beim Physical Modeling ist die Waveguide-Methode. Sie beruht auf dem Prinzip der Fortpflanzung von Wellen in einem Medium. Waveguides haben den Vorteil, einen geringeren Rechneraufwand zu haben und werden deshalb seit einiger Zeit auch in Synthesizern eingesetzt, z.B. Yamaha VL1 & VP1 oder der Korg Z1).

Momentan wird unter dem Namen Virtual Acoustic Synthese (VA-Synthese), die auf das Prinzip des Physical Modelings basiert, an der Herstellung von möglichst natugetreuen Sounds in Synthesizern gearbeitet. Diese Syntheseform verwendet keine Samples (wie bei der Wavetable Synthese) oder Oszillatoren zur Klangerzeugung. Mittels eines speziellen DSP mit hoher Rechengeschwindigkeit wird der Klang aus diversen Parametern berechnet. Es werden Daten über die Beschaffenheit eines Instrumentes benötigt, wie z.B. Volumen des Resonanzkörpers, Materialbeschaffenheit etc. Das Instrument wird also virtuell konstruiert. Der ganze Vorgang ist ziemlich rechnerintensiv und deshalb gab es zu Beginn des Physical Modelings eine Spezialisierung auf bestimmte Naturinstrumente, wie z.B. der VL-1 für Blasinstrumente.


Abb.: Yamaha VL-1 - erster Synthesizer basierend auf Physical Modeling (1993)

Abb.: Korg Z1 Synthesizer