Über die Hüllen

Mit dem Aufkommen der Audio-CD änderte sich auch die Covergestaltung der Tonträger. Während anfangs die Grafik-Designer den Verlust an Gestaltungsfläche gegenüber der Schallplatte geklagten, bildete sich später ein Verständniss für die Eigenheit der CD mit ihrem einheitlichen Jewelcase (engl. Schmuckkästchen), der uniformen Plastikhülle, heraus.
Grafik-Designer erkannten das Potential, das in der Hülle verborgen war und praktizierten einen spielerischen Umgang mit den neuen Möglichkeiten.


Ein Jewelcase besteht aus drei Teilen, der aufklappbare Deckel (Cover), der Plastiknoppen zum Einlegen des Booklets enthält,
dem Boden (Inlay) und die in der Mitte eingelegten Halterung für die CD (Tray).


Rolling-Stones-Booklet für Some Girls mit Stanzung und herausziehbarem Kärtchen. Dieser Entwurf wurde einfach von der Schallplatte übernommen und verkleinert. Funktioniert auch noch ganz gut, ist aber eben viel kleiner als bei der Schallplatte.

Die Kritik der ersten CD-Hüllen fußte auch auf der Verkleinerung der Cover bei Neuauflagen von Langspielplatten als CDs, was die ursprünglichen Entwürfe verfälschte, da Gestaltung nicht einfach verkleinert werden kann, ohne sich zu verändern und eine andere Wirkung zu bekommen. Es kommt eben doch auf die Größe an.



Individuell gestaltete Plattencover gibt es nicht von Anfang an, zuerst hatten Schellacks und Platten einfach eine vom Hersteller universell vorbedruckte Papierhülle, auf der Platte selbst war nur das runde Etikett in der Mitte mit Text bedruckt als Hinweis auf den Inhalt der Schallplatte. Selbst Megastars wie die Beatles hatten noch in den frühen 1960ern nur eine für alle Beatles-Singles immer gleiche Hülle. Damals hatte die Plattenindustrie offenbar keine Absatzprobleme und ließ dieses wichtige Werbemittel des Covers ungenützt.


Slimcase (schlanke Schachtel), Doppel-Jewel-Box für Doppelalben

Heute gibt es viel mehr verschiedene Arten von Verpackungen für die CDs, aber einige grundlegende Gestaltungs-Ideen haben Bestand und sind immer wieder gut verwendbar. Die Pappverpackung (Digipak) hat beispielsweise den Nachteil eines deutlich höheren Preises gegenüber der Standard-Plastikhülle (Jewelcase).


Slimcase (5 mm dick) mit durchsichtigem orangen Plastikcase (untere Hälfte)
Wird hauptsächlich im Computerbereich verwendet. Hat aber niemand verboten, es auch für Audio-CDs zu verwenden.


Der Vorteil der Plastikhülle ist gerade die Austauschbarkeit. Wenn die Plastikhülle verkratzt ist, kann einfach eine neue verwendet werden. Ein ständiges Ärgernis sind auch die zu schwachen Gelenke der vorderen Abdeckung beim normalen Jewelcase, die ständig abbrechen, und der Cover durch einen neuen ersetzt werden muß. Eine neue Norm der Hülle, die diesen Fehler behebt, ist längst überfällig.

Trotzdem wird im folgenden schwerpunktmäßig das Jewelcase (Jewel-Box) behandelt, weil es in der Herstellung die billigste und für Gestaltung die vielseitigste Verpackung ist.
Zum Digipak vergleiche die Homepage des Herstellers digipak.com

Kickout-Box (engl. Auswurfschachtel)
Besonderheit: kein vorgesehener Platz für eine eingelegte Karte, Aufdruck also nur direkt auf der CD möglich.
Denkbar wäre hier auch ein Aufklerber. Die Kickout-Box gibt es in allen erdenklichen Farben.


Kickout-Box

Durch das Booklet sind jetzt oft die Liedtexte abgedruckt, oder zusätzliche Information und Bildmaterial enthalten, was bei der LP nicht immer der Fall war.
Der Begriff Single wurde auch für die CD erhalten (CD-Single, Maxi-CD), obwohl eine CD keinen technischen Anlass zu weniger Inhalt (wie nur den Nummer-1 Hit) bietet im Unterschied zum klassisch kleineren Format der Vinyl-Single. Die CD-Singles haben eine nur 7 mm dicke Plastikhülle, das Booklet wird ersetzt durch ein labriges Blättchen und die Inlaycard (das Papier zwischen Unterteil und Mittelteil) wie bei der "richtigen" CD fehlt hier.

Der Gestaltungsansatz, die Form und Funktion einer Verpackung oder Gestaltung zu hinterfragen und durchdacht zu verändern, ist auf allen Gebieten des Grafikdesigns anwendbar, aber bei der dreidimensionalen Verpackung von CDs ergeben sich wie bei der Buchgestaltung eine Vielzahl an Möglichkeiten, die bei flachen Produkten wie Plakaten oder Postkarten nicht möglich wären. Obwohl MP3 als Musikfomat zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist besonders das extravagante CD-Cover als Verkaufsargument für einen realen Datenträger immer noch von großer Bedeutung. Auch ein durchdachtes Booklet ist ein wichtiges Element in der Gestaltung der CD-Verpackung.
Weil heute manchmal auch, gerade bei Themen-CDs, der Fernsehwerbespot mitproduziert wird, muß unter Umständen auch die Umsetzung des Entwurfes für das bewegte Bild mitgeplant werden. Das hat für das Marketing vor allem den Vorteil, dass der Wiedererkennungswert und die Koppelung von Fernsehspot und CD-Cover steigt.