Besonderheiten bei der Schallausbreitung

Atmosphärische Effekte oder physikalische Hindernisse können die Schallwelle ablenken bzw. beeinflussen. Es kann zu folgenden Effekten kommen:

1. Interferenz und Schwebung

Die Überlagerung von zwei Wellen mit gleicher Amplitude wird Interferenz genannt. Die beiden Einzelamplituden addieren sich. Gleichphasige Wellen verstärken sich dabei, gegenphasige Wellen schwächen einander ab. Eine charakteristische Interferenzerscheinung sind sg. Stehende Wellen. Hierbei überlagern sich zwei Wellen gleicher Frequenz und Amplitude, die sich jedoch in entgegengesetzter Richtung ausbreiten.

Weichen die Frequenzen zweier Schwingungen nur wenig voneinander ab und sind die Amplituden gleich groß, so entsteht eine Schwingung, bei der die Frequenz mit den Frequenzen der Einzelschwingungen nahezu übereinstimmt. Die Amplitude ändert sich jedoch zwischen den Extremwerten 0 und der Summe der Amplituden der Einzelschwingungen periodisch. Diesen Zustand bezeichnet man als Schwebung. Man hat als Zuhörer das Gefühl, dass der Ton in langsamer oder schneller Abfolge lauter und leiser wird.



Es entsteht eine resultierende Schwingung, deren Frequenz sich aus dem Mittelwert der beiden Grundschwingungen errechnet:

f3 = (f1 + f2) / 2

Die Amplitude der resultierenden Schwingung schwankt im Rhythmus der Schwebungsfrequenz fs. Diese ergibt sich aus der Differenz der beiden Schwingungen:

fs = f1 – f2 f1 > f2

Mit ansteigender Schwebungsfrequenz (fs > 10) spricht man von Rauhigkeit.

Hörbeispiel 1:
Schwebungsfrequenz von 10 Hz
Hörbeispiel 2:
Schwebungsfrequenz von 1 Hz
Hörbeispiel 3:
Schwebungsfrequenz von 0.5 Hz



Je geringer die Schwebungsfrequenz, desto langsamer die wahrgenommene Lautstärkenänderung.

2. Reflexion und Beugung

Beim Auftreffen einer Schallwelle auf eine harte Oberfläche treten je nach Verhältnis der Wellenlänge zur Größe des Objektes unterschiedliche Effekte auf. Je nach Beschaffenheit der Oberfläche des Hindernisses verläuft diese Reflexion unterschiedlich.

Ist die Wellenlänge relativ zur Objektgröße sehr klein, kommt es je nach Oberflächenbeschaffenheit des Objektes zu einer Reflexion der Schallwelle (schallhartes Objekt). An einer glatten Fläche wird eine Schallwelle gespiegelt reflektiert (ähnlich dem Lichtstrahl an einem Spiegel).

Glatte Oberflächen führen zu regelmäßiger, raue Oberflächen hingegen zu diffuser Reflexion. Die Grenze zwischen beiden Reflexionsformen hängt von der Wellenlänge der reflektierten Welle und auch von der Frequenz dieser ab.

Schallreflexion an einer ebenen Fläche
Der Einfallswinkel entspricht dem Ausfallswinkel. Es gelten hier die aus Optik bekannten Gesetze der Reflexion an Spiegeln. Je nach Ausrichtung der reflektierenden Fläche kann der Schallstrahl in jede beliebige, gewünschte Richtung gelenkt werden, was bei der raumakustischen Gestaltung Anwendung findet.

Es gilt: a = a’

Abb.: Reflexion einer ebenen Welle an einer glatten Fläche


Schallreflexion an einer rechtwinkeligen Fläche
Trifft ein Schallstrahl auf eine rechtwinkelige Fläche, so wird er zweimal reflektiert, so dass er parallel zum einfallenden Strahl zurückgeht.
Bei parallelen, reflektierenden Wänden kann es zu sg. Stehenden Wellen (vgl. Interferenz) kommen. Ein senkrecht auftreffender Schallstrahl wird immer wieder mit seinen eigenen Reflexionen überlagert. Dadurch können sich an bestimmten Positionen Schallwellen ganz aufheben oder verstärken.

Schallreflexion an einer gekrümmten Fläche
Trifft der Schall auf eine nach innen gewölbte Fläche, so kann man je nach Abstand zwischen Schallquelle und reflektierender Fläche 4 verschiedene Fälle unterscheiden:

1. Der Abstand Schallquelle zu reflektierender Fläche ist größer als der halbe Krümmungsradius r/2, jedoch kleiner als r.

Ergebnis: Der gesamte reflektierte Schall wird in einem Punkt, der außerhalb des Krümmungsradius liegt, gesammelt.


2. Der Abstand Schallquelle zu reflektierender Fläche ist gleich dem halben Krümmungsradius r/2 der Fläche.

Ergebnis: Die kugelförmig auseinanderlaufenden Schallstrahlen verlaufen nach der Reflexion parallel.


3. Der Abstand Schallquelle zu reflektierender Fläche ist kleiner als der halbe Krümmungsradius r/2 der reflektierenden Fläche.

Ergebnis: Die Schallstrahlen streben nach der Reflexion auseinander, die Anordnung zerstreut den Schall.


4. Der Abstand Schallquelle - reflektierende Fläche ist größer als der Krümmungsradius r.

Ergebnis: Auch in diesem Fall ergibt sich eine zerstreuende Wirkung, stärker noch als im dritten Fall.


Nach außen gewölbte (konvexe) Flächen haben unabhängig vom Abstand Schallquelle - reflektierende Fläche immer zerstreuende Wirkung. Gewölbte Flächen sind v.a. in Kirchen und historischen Bauten zu finden.

Beugung
Bei der Reflexion von Schall ist die Voraussetzung, dass die reflektierende Fläche groß ist im Verhältnis zur Wellenlänge.
Ist die Wellenlänge jedoch in der gleichen Größenordnung wie die Fläche, so werden die Schallwellen nicht mehr reflektiert, sondern gebeugt. Beugung heißt, dass sich die Schallwellen um das Hindernis „herumbiegen“.

3. Absorption, Dissipation, Transmission

Von Absorption spricht man, wenn ein Teil der Energie an der Grenzfläche zweier Medien nicht zurückgeworfen wird, sondern vom zweiten Medium aufgenommen wird. Das Maß des absorbierten Schallanteil ist der Absorptionsgrad.
Zu den Absorbern gehören: Stoffe, Vorhänge, Sitze, Holzvertäfelungen mit Löchern, Holzplatten vor einem Hohlraum und auch das Publikum.

Es gibt weiters verschiedene Typen von Absorbern:

Höhenabsorber Tiefenabsorber Helmholtzresonatoren
Nehmen vorwiegend hochfrequente Schallanteile auf, z.B. poröse Wände, Stoffe, Konzertpublikum. Nehmen tieffrequente Anteile auf, wie z.B. Holzvertägelungen. Als Helmholtzresonator bezeichnet man eine Lochplatte, die mit Abstand vor der Wand angeordnet ist. Dieser Resonator ist ein selektives Feder-Masse-System, das durch die auftreffenden Schallwellen zur Schwingung angeregt wird. Die Wirkung des Helmholtzresonators ist schmalbandig und beruht darauf, dass bei Schwingern erhöhte innere Verluste auftreten. Die Luftpolster in den Löchern werden durch die Schallwellen zum Mitschwingen angeregt.


Die Resonanzfrequenz ist verschiebbar und kann durch innere Dämpfung mit Schluckmaterial breitbandiger gemacht werden.
Von der absorbierten Schallenergie wird ein Teil durch Reibung in Wärme umgewandelt, dieser Vorgang wird als Dissipation bezeichnet.
Die restliche Schallenergie wird dann im zweiten Medium weitergeleitet, hier spricht man von Transmission.

4. Brechung

Als Schallbrechung bezeichnet man die Fortpflanzung der Schallwellen in einem anderen Medium und einem anderen Winkel. Spielt vorwiegend bei Luftdruckschwankungen eine Rolle. Schallbrechung erfolgt in Richtung des Mediums mit der langsameren Schallgeschwindigkeit (z.B. kalte Luftschicht). Dadurch ergibt sich eine Überreichweite des Schalls.

Module, die für die Durchführung vorausgesetzt werden