Keywords

Einleitung

Um über die Bedeutung von Farben sprechen zu können, muss man sich zuerst die Frage stellen, ob wir zu jeder Farbe eine einzigartige Empfindung zuordnen können. Die Antwort ist ganz klar nein, nicht nur, weil es mehr Gefühle als Farben gibt, sondern auch, weil man die emotionale Wirkung von Farben nicht verallgemeinern kann. Mit Gefühlen verbinden wir immer mehrere Farben, die sich gegenseitig verstärken und erklären. Es sind also die Nebenfarben, die die Wirkung der Grundfarben bestimmen. Wie ein und dieselbe Farbe verschiedene Empfindungen auslösen kann, lässt sich durch deren Verbindung mit vielfältigen Erinnerungen erklären:

 

Sie werden erinnert durch den Zusammenhang (Kontext), in dem wir eine Farbe wahrnehmen. Der Kontext sagt uns, ob eine Farbe real oder als symbolische Farbe gemeint ist, ob eine Farbgebung konventionell oder kreativ ist. Der Kontext definiert die Farbwirkung. (Heller 2008, 13)

 

Ebenso wie die gleiche Farbe anders wirken kann, wird auch der Farbton, den wir wahrnehmen, durch den Kontext definiert. Die Hoffnung wird beispielsweise nicht als giftgrün beschrieben und Spinat nicht als smaragdgrün. Wie viele Nuancen einer Farbe man unterscheiden kann, ist individuell unterschiedlich, hängt aber oft von der Profession ab: Ein Papierhändler kennt beispielsweise etliche Weißtöne, ebenso wie ein Juwelier die Grünnuancen eines Smaragds unterscheiden können muss.

 

Im folgenden Text möchte ich verschiedenen Bedeutungsebenen von Farben (ich beschränke mich auf die drei Lichtfarben der additiven Farbmischung Rot, Blau und Grün) erläutern und folge dabei dem Grundgerüst von Dr. Eva Heller, indem ich zuerst die psychologische Wirkung und danach die traditionelle, kulturelle und politisch Bedeutung dieser Farben abhandle.

 

Bei den Prozentangaben über die durch Farben hervorgerufenen Gefühle und die mit Farben verbundenen Eigenschaften beziehe ich mich auf die anonyme Umfrage der Soziologin und Psychologin Dr. Eva Heller, deren Ergebnisse in ihrem Buch „Wie Farben wirken“ aufgelistet sind. Im Zuge dieser Umfrage wurden 1888 Männer und Frauen gebeten auf einem Fragebogen Farben zu Begriffen aus verschiedenen Gefühls- und Erfahrungsbereichen zuzuordnen. Zur Auswahl standen dabei Blau, Braun, Gelb, Gold, Grau, Grün, Orange, Rosa, Rot, Schwarz, Silber, Violett und Weiß. Um die Befragten nicht durch vorgegebene Farbnuancen zu beeinflussen, wurden die Farben nur schriftlich aufgelistet. Wer sich bei einem Begriff nicht für eine einzige Farbe entscheiden konnte, durfte auch zwei Farben eintragen.

 

Auch bei historischen Fakten und zeitgeschichtlichen Entwicklungen beziehe ich mich auf Dr. Eva Hellers Buch. Weiters habe ich als Einstimmung für diese Arbeit die Trilogie „Drei Farben“ von Krzysztof Kieslowski angesehen und versucht, das Gesehene mit meinem Wissen zu verknüpfen.

 

Das Wissen um die Wirkung von Farben ist in allen künstlerischen Zweigen, sei es die Malerei, das Foto oder der Film, von größter Bedeutung, denn eine Farbe kann schnell ihre Wirkung verlieren, wenn sie in einem falschen Zusammenhang steht oder mit einer falschen Bedeutung kombiniert wird:

 

Nur wer eine Farbe im ganzen Spektrum ihrer Bedeutung kennt, kann das schöne Rot vom häßlichen Rot, das banale Grün vom extravaganten Grün unterscheiden. Je mehr man über die Bedeutung von Farben weiß, desto besser kann man ihre Wirkung beurteilen. (Heller 2008, 17)