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Traditionelle Bedeutung von Farben

Nicht nachvollziehbare Farbwirkungen verweisen oft auf alte Verfahren zur Farbgewinnung oder Einfärbung von Materialien. Farben waren Jahrhunderte lang nicht in beliebigem Ausmaß verfügbar- manche Farben waren sehr teuer und erforderten einen aufwändigen Produktionsprozess. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts synthetische Farbstoffe auf den Markt kamen, war die Farbe der Kleidung keine Geschmacks-, sondern eine reine Geldfrage: Die Farbstoffe mussten mühsam aus den Färberpflanzen gewonnen und oft importiert werden und auch die Färberei selbst war ein arbeitsintensiver Prozess.

 

BLAU

In Mitteleuropa wurde der blaue Farbstoff aus Waid gewonnen: Die Blätter des Waids müssen hierfür geerntet, zerstampft und in der Sonne getrocknet werden. In einem Bottich muss das Gemisch dann gären. Durch Alkohol löst sich der Farbstoff Indigo aus den Blättern. Die Färber tranken zuerst den Alkohol, da er zu wertvoll war, um ihn direkt den Pflanzen beizumengen, und urinierten danach in den Bottich. Dieser Vorgang hat sich in unserem Sprachgebrauch manifestiert (blau machen; blau sein; blauer Montag).

Als 1498 Vasco da Gama den Seeweg nach Indien fand, bedeutete dies gleichzeitig die Verfügbarkeit von Indigo, einem vielfach ergiebigeren und billigeren Farbstoff als Waid. Um die Waidbauern zu schützen, wurde in Deutschland Indigo verboten und erst 1737 legalisiert.

Bis zum Ersten Weltkrieg trugen alle deutschen Truppen Dunkelblau, nur die Bayern trugen Hellblau. Damit wollten die preußischen Fürsten ihre Waidbauern im Konkurrenzkampf mit den indischen Importeuren schützen. Ab dem Ersten Weltkrieg wurden die farbigen Uniformen durch Tarnfarben ersetzt.

Auch die Matrosen tragen heute noch blaue Uniformen, ebenso wie Piloten, Schaffner oder Wachpersonal.

1863 wurden die Farbfabriken Bayer gegründet und 1865 die Badische Anilin- und Sodafabrik (BASF). 1868 gelang es schließlich Adolf Baeyer Indigo künstlich herzustellen und 1897 brachte BASF das künstliche Indigo auf den Markt und verdrängte somit auch die Inder mit ihrem natürlichen Indigoanbau vom Weltmarkt.

In der Malerei war Blau in Form von Ultramarinblau lange die wertvollste Farbe. Sie wurde aus dem Halbedelstein Lapislazuli hergestellt. Der Stein wurde zermahlen und mit Bindemitteln verrührt.

Lapislazuli galt auch als Mittel gegen die „blauen Krankheiten“ wie Melancholie und Schlaflosigkeit.

   

ROT

Wie bereits erwähnt wurde lange Zeit durch Kleiderordnungen bestimmt, wer welche Kleidung tragen darf: Die reinen und leuchtenden Farben waren für die Reichen reserviert, die Armen durften nur unreine und trübe Farben tragen. Die reinen Farben erhielten deshalb so große Wertschätzung, weil es sehr kostspielig und kompliziert war, die Naturfarbstoffe von Unreinheiten zu befreien. Rot war die teuerste Farbe, und wer Rot tragen durfte, heiratete auch in Rot.

Das edelste und kostbarste Farbe der Antike war Purpurrot, die Farbe von Königsmänteln, Kardinalsmützen und Richterkleidern. Der Farbstoff „Kermes“, aus dem Purpurrot gemacht wird, wird aus den getrockneten, weiblichen Kermesläusen, einer Schildlausart, gewonnen:

Für ein Kilo der Läusefarbe müssen ungefähr 140000 Läuse mit einem Holzspachtel von Blättern gekratzt werden. Getrocknet werden die Läuse zu einem roten Pulver zerrieben. Mit einem Kilo der Läusefarbe kann man etwa 10 Kilo Wolle färben. (Heller 2008, 59)

Ein besonderer Vorteil von Kermes ist seine Lichtechtheit, was bedeutet, dass es nicht mit der Zeit verblasst. Ein weiterer roter Farbstoff ist Krapp, den man aus den getrockneten und gemahlenen Wurzeln der Krapp-Pflanze gewinnt. Krapp wurde für Textil- und Malfarben verarbeitet. Die Entdeckung Amerikas brachte das Rot der Cochenille-Laus, die schon die Mayas zu Färbezwecken verwendet hatten. Die Läuse werden, um den Farbstoff zu gewinnen, getrocknet und zu einem Pulver zermahlen- aus den Cochenilleläusen macht man Karminrot. Cochenille verdrängte Kermes vom Markt. 1871 konnten die Chemiker der Badischen Anilin- und Sodafabrik synthetisches Kapprot herstellen. Wie der Waid verschwand auch der natürliche Krapp vom Textilmarkt.

Bis Ende des 19. Jahrhunderts war Rot auch die Farbe für viele Soldatenuniformen.

Als Vollstrecker der Todesstrafe trugen Henker im Mittelalter eine rote Kleidung.

In der Kirche sollen rote Gewänder während der Passionszeit an die Leiden Christi erinnern.

 

GRÜN

Dunkelgrün war eine sehr billig produzierbare Farbe, weswegen einfache Filze und Lodenstoffe für die Bauern grün eingefärbt wurden, die Könige und Würdenträger aber keine grünen Kleider trugen. Mit den Blättern und der Rinde verschiedener Bäume, wie der Birke, kann man Stoffe grün einfärben. Es funktioniert aber auch mit anderen Pflanzen, wie Moos, Farn und Heidekraut. Der Arbeitsvorgang des Färbens ist dabei vergleichsweise einfach:

„Die Wolle wird mit einer Alaunlösung vorbehandelt, damit sie die Farbe aufnimmt, dann wird sie in der Pflanzenbrühe stunden-, manchmal tagelang geköchelt“ (Heller 2008, 79).

Die pflanzlichen Farbtöne sind zwar ungiftig, aber die Grüntöne verblassen beim Waschen sehr schnell, außerdem sind sie entweder sehr hell, oder sehr gesättigt.

In Ägypten wurde Grün zu Schminkzwecken aus dem Halbedelstein Malachit gewonnen.

1863 entwickelte der Chemiker Eugen Lucius den grünen Farbstoff Aldehydgrün.

Grün als Farbe vieler gesunder Nahrungsmittel wird auch mit der Bedeutung „giftig“ gelesen (giftgrün) und wurde als Hauptfarbe des Giftigen (Grün 56%, Gelb 21%) und des Ungenießbaren (23%) genannt. Die Malerfarbe Smaragdgrün, die aus in Arsen gelöstem Kupfer-Grünspan hergestellt wurde, ist stark giftig. Sowohl der Prozess der Herstellung und Verarbeitung von Grün, als auch die Weiterverwendung der Farbe sind gesundheitsgefährdend.

Napoleon, dessen Lieblingsfarbe grün war, starb im Exil in St. Helena durch die verdunsteten, mit Arsen angereicherten Tapeten an einer schleichenden „Arsenvergiftung“ (Heller 2008, 78).

Viele fluoreszierende, leuchtende Substanzen sind auch grün, wodurch sich dessen Giftwirkung auf den Menschen noch verstärkt wird.