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Psychologische Wirkung von Farben

Farben können automatische Reaktionen und unbewusste Assoziationen auslösen. Diese haben ihren Ursprung in Erfahrungen, die wir sehr oft gemacht und dadurch verinnerlicht haben. Eine wichtige Rolle spielen Farben für unser Wohlbefinden, da sie besonderen Einfluss auf unser Raum-, Temperatur-, und Geschmacksempfinden haben.

 

BLAU 

40% der Männer und 36% der Frauen gaben Blau als ihre Lieblingsfarbe an. In der Beliebtheit spiegelt sich die Verbindung von Blau mit etlichen guten Eigenschaften wie Sympathie (28%), Harmonie (28%) und Freundschaft (28%).

Farben haben, wie einleitend erwähnt, einen großen Einfluss auf unser Raumempfinden und können die Illusion der Perspektive schaffen: Dabei wirken warme Farben näher und kalte Farben weiter entfernt. Diese Verbindung von Farben mit Entfernung ergibt sich durch die Veränderung, der Farben unterworfen sind, wenn sie aus großer Entfernung gesehen werden: Eine sattes, leuchtendes Rot wirkt nur in der Nähe: Je größer die Entfernung zur Farbfläche ist, desto bläulicher wirkt es- dies bewirken die verschiedenen Luftschichten, die sich zwischen Betrachter und Fläche befinden. Die Farbe wird aber auch trüber und blasser, je weiter sie weg ist, weswegen blasse Farben optisch weiter hinten erscheinen. In der Malerei nennt man die Perspektive, die durch nahe und ferne Farben geschaffen wird „Luftperspektive“.

Mit der Wirkung des Entferntseins verbindet sich die Wirkung von Kälte (47%) und Kühle (46%). Diese Verbindungen resultieren aus der Erfahrung, dass unsere Haut in der Kälte blau wird und der Schnee im Sonnenlicht bläulich schimmert.

In unserem Sprachgebrauch hört man auch vom blauen Meer und vom blauen Himmel, obwohl beide eigentlich farblos sind. Wir haben gelernt, dass Blau aus dem Transparenten entstehen kann. Diese psychologische Wirkung von Blau wird mit der im nächsten Kapitel erläuterten symbolischen Wirkung verbunden (Fahrt ins Blaue).

Blau kann in der Form von Forderungsschreiben auch eine ganz andere, nämliche mahnende Wirkung haben (Strafzettel; Gerichtsbescheide; „blauer Brief“).

 

ROT

20% der Männer und Frauen gaben Rot als ihre Lieblingsfarbe an. Dies macht Rot zur zweitbeliebtesten Farbe bei den Befragten und lässt sich wahrscheinlich am Besten durch die Verbindung der Farbe mit positiven Gefühlen wie Liebe (70%) erklären.

Rot ist „die älteste Farbbezeichnung in den Sprachen der Welt“ (Heller 2008, 51). In einigen Sprachen ist das Wort „farbig“ identisch mit dem Wort für „rot“ (wie im Spanischen: „colorado“). Das reine Rot, das weder Gelb noch Blau enthält, nennt man Magenta.

Als Raum- und Materialfarbe wirkt Rot nur aus der Nähe, womit Rot von 29% der Befragten verbunden wurde.

Die Feuerfarben Rot, Orange und Gelb vermitteln ein Empfinden von Wärme (Rot 42%, Orange 23%, Gelb 8%) und Hitze (Rot 46%, Gelb 23%, Orange 21%).

Rot ist im Straßenverkehr die Farbe für gesetzliche Verbote. Wer Rot missachtet, verstößt gegen das Gesetz. Bei der Ampel wird durch Rot angezeigt, dass man unbedingt anhalten muss. Diese Farbe wurde Gelb und Grün vorgezogen, weil Gelb als Standartlicht, von Straßenlampen und Autoscheinwerfern kaum zu unterscheiden ist und Grün am Tag in der Landschaft untergeht. Rot ist sowohl bei Nacht als auch am Tag die unnatürlichste und auffälligste Farbe in unserer natürlichen Umgebung von Himmel und Landschaft.

Es signalisiert Gefahr, weswegen Notbremsen, Alarmknöpfe und Warnleuchten rot sind. Auch in Aufnahmestudios und Operationssälen verbietet Rot den Zutritt.

In der Schule wird ein roter Stift von den Lehrern für die Korrektur von Tests und Hausübungen verwendet, in Geschäften werden mit einem roten Stift Preise durchgestrichen und somit reduziert und in der Wirtschaft gibt es den Ausdruck der „roten Zahlen“, die für den Verlust stehen.

 

GRÜN

Grün war in der Umfrage die drittbeliebteste Farbe: 12% der Männer und Frauen gaben Grün als ihre Lieblingsfarbe an. Es gibt aber auch viele, die Grün nicht mögen: 10% der Männer und 8% der Frauen gaben Grün als die Farbe an, die ihnen am wenigsten gefällt.

Obwohl Grün in der subtraktiven Farbmischung eine Mischfarbe aus Blau und Gelb ist, wird die Farbe meist selbstständig wahrgenommen. Grün ist komplementär zu Rot, aber „in unserer Empfindung und in unserer Farbsymbolik ist Blau der Gegenpol zu Rot“ (Heller 2008, 80).

Der Ursprung des Wortes „grün“ liegt im germanischen Wort „ghro“, was soviel wie „wachsen“ oder „gedeihen“ bedeutet. Im Englischen entwickelte sich daraus „grow“ und „green“.

Grün wirkt neutral, da es zwischen den beiden Extremen Blau und Rot positioniert ist: Zwischen dem heißen Rot und dem kühlen Blau ist das angenehme Grün, zwischen dem trockenen Rot und dem nassen Blau ist das feuchte Grün, zwischen dem materiellen Rot und dem geistigen Blau ist das natürliche Grün und zwischen dem aktiven Rot und dem passiven Blau ist das beruhigende Grün. Auch in der Raumwahrnehmung ist Grün die Mitte: Zwischen dem nahen Rot und dem fernen Blau liegt Grün.

„Extreme sind aufregend, gefährlich. Grün in vollendeter Neutralität zwischen allen Extremen, wirkt beruhigend und sicher“ (Heller 2008, 80).

Deswegen wurde Grün im Farbtest mit dem Beruhigenden (Grün 40%, Blau 15%), der Ruhe (Grün 30%, Blau 16%, Weiß 15%),  dem Angenehmen (Grün 23%, Blau 15%) und der Sicherheit (Grün 23%, Weiß 15%, Blau 14%) assoziiert. Weil grüner Untergrund angenehm auf das menschliche Auge wirkt, sind  Billard- und Roulettetische grün bespannt und auch die Wandtafel in der Schule ist grün. 

Die genaue Wirkung von Grün lässt sich am besten durch die Kombinationsfarben verstehen: Grün-Blau-Weiß stehen für positive Eigenschaften, wohingegen Grün-Gelb-Schwarz negativ gewertete werden.

Grün ist die Farbe der Photosynthese, im Zuge derer aus anorganischen organische Stoffe werden. Als Farbe der Pflanzenwelt kann Grün vielen Begriffen eine neue, naturbezogene Bedeutung geben: So wird ein Wald für eine Großstadt zur „grünen Lunge“, ein unerforschter Urwald zur „grünen Hölle“ und ein Hobbygärtner bekommt einen „grünen Daumen“. In der Stadt, wo die natürliche Vegetation teilweise vollkommen aus dem Blickfeld verschwunden ist, fahren die Menschen zur Erholung „ins Grüne“. Dort gibt es auch „Grünanlagen“ und „Begrünungsflächen“. Der Wert von Grün hängt also von seiner Verfügbarkeit im direkten Umfeld ab.

Wenn man Schlagwörter der Kultur und der Zivilisation mit dem Prädikat „grün“ versieht, will man damit die Wirkung von Natürlichkeit erzeugen (48% der Befragten nannten Grün als Farbe der Natürlichkeit).

Wenn man Grün als Farbe der Natur erlebt, verbindet man damit häufig auch das Gesunde (34%), das Frische (34%) und die Erholung (63%). „Grünzeug“ ist eine andere Bezeichnung für Gemüse und Grün wird deswegen allgemein als die Farbe des Gesunden (30%) gesehen.

Im Zusammenhang mit verschiedensten Nahrungsmitteln kann das Attribut „grün“ auch den Zusatz von Gemüse und Kräutern anzeigen (grüner Eier). Auch das Saure (Grün 38% Gelb 38%) und das Bittere (27%) steht im Zusammenhang mit Grün.

Im Straßenverkehr zeigt uns Grün an, dass das Fahren erlaubt ist (grüne Ampel)- diese Symbolik wurde in die Alltagssprache übernommen (jemanden grünes Licht geben). Grüne Schilder signalisieren auch in Gebäuden freien Durchgang (Kennzeichnung von Rettungswegen und Notausgängen).

Die Bekleidung der Chirurgen ist auch oft grün, da Blut auf grünen Stoffen dunkler und „weniger erschreckend“ (Heller 2008, 83) wirkt.